WAHLPRÜFSTEINE 

(in alphabetischer Reihenfolge der Initiativen und Verbände)

UNSERE ANTWORTEN

DIE LINKE – Antworten auf die Wahlprüfsteine der AWO Kreis Wesel

1. Bedeutung der Freien Wohlfahrtspflege

Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege bilden in Deutschland – in 100 Jahren historisch gewachsen - eine wichtige Säule der Daseinsvorsorge. Diese wichtige Säule findet sich im Subsidiaritätsgrundsatz, heute unter anderem in den Paragrafen 4 SGB VIII und 5 SGB XII, wieder. Über innovative Lösungen für soziale Probleme setzen sie sich vor Ort mit viel Engagement für Benachteiligte und Schwache in der Gesellschaft ein. Gesellschaftliche Probleme und deren Folgen wie zum Beispiel zunehmende Armut können nicht ohne die Freie Wohlfahrtspflege gelöst werden.

Wohlfahrtsverbände erbringen ihre sozialen Dienstleistungen, die nach unserer festen Überzeugung weder über den Staat noch über den Markt erbracht werden sollten, flächendeckend und niedrigschwellig. Dabei stellt sich die AWO offen gegen Überlegungen in Richtung einer Marktforcierung im Bereich des Sozialen. Ideen, nach denen Lösungen sozialer Probleme von gewinnorientierten Unternehmen gefunden werden können, sind fatal. Denn, wenn ein Sozialstaat nur noch dort existiert, wo Gewinne möglich erscheinen, wird er obsolet.

Frage: Wie steht Ihre Partei zum System der Leistungserbringung durch die Träger der Freien Wohlfahrtspflege?

Für DIE LINKE sind die Träger der Freien Wohlfahrtspflege und ihre Leitungserbringung unverzichtbar. 

Begründen Sie bitte Ihre Auswahl:

Zahlreiche öffentliche Aufgaben werden durch die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege wahrgenommen – und dabei oftmals nur unzureichend durch die öffentliche Hand finanziert. Gerade Beratungsstellen zu sensiblen Lebensfragen (z. B. Schwangerschaftskonflikte, Drogen) wären als staatliche Stellen nicht in der Lage, das notwendige Vertrauensverhältnis zu Betroffenen aufzubauen. Eine parteiische Beratung und die damit verbundene Interessenvertretung, ein enges Netz von Hilfsangeboten kann und darf nicht nach marktwirtschaftlichen Kriterien aufgebaut und beurteilt werden. Eine solche Entwicklung wäre fatal für den Kreis Wesel.

Die zunehmende Kommerzialisierung des Weiterbildungs-, Sozial- und Erziehungsbereichs lehnt DIE LINKE entschieden ab.  Die weitgehende Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Gesundheitswesens mit ihren massiveren Verschlechterungen für Patient*innen ist ein mahnendes Beispiel dafür, dass neoliberale Politik ein Irrweg ist.

Lohndumping und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen, eine geringere Qualität erbrachter Leistungen und die Ausdünnung von Angeboten sind Folgen der Kommerzialisierung sozialer Arbeit.

Gestärkt werden muss auch die Förderung der Verbände selbst. Die Kürzungen durch die Kreishausmehrheit aus CDU/FDP/Grünen wurden von DIE LINKE immer abgelehnt. Zudem hat DIE LINKE sich für eine stärkere Beteiligung der Wohlfahrtsverbände in den entsprechenden Gremien des Kreises (Jugendhilfeausschuss, Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz) eingesetzt.

 2. Flucht / Migration / Integration

Mit ihren Beratungsstellen für Migrant*innen und Geflüchtete sowie Integrationsagenturen setzt sich der AWO KV Wesel e.V. für die Einhaltung der Rechte dieser Zielgruppen ein und trägt zum sozialen Frieden sowie zum respektvollen Miteinander im Kreis Wesel und in einzelnen Quartieren bei. Der AWO KV Wesel begleitet Zugewanderte seit vielen Jahren mit Einzelberatungen, Gruppenangeboten und Projekten bei ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft. Die unflexible Finanzierung dieser gesellschaftlich wichtigen Dienste erschwert die Arbeit im Bereich Flucht / Migration/ Integration mittlerweile immens. Die Eigenanteile der AWO für manche Stellen steigen kontinuierlich ohne entsprechend kompensiert zu werden. Die Landesregierung richtet neuerdings ihren Fokus bei der Verteilung der finanziellen Mittel auf die Kommunen, dabei wird die langjährige integrative Leistung der Wohlfahrtsverbände unterschätzt.

Frage: Ist Ihre Partei bereit, entstandene Finanzierungslücken bei der Aufgabenwahrnehmung durch freie Träger mit kommunalen Finanzmitteln auszugleichen?

Ja, DIE LINKE hält die Ausfinanzierung der Arbeit durch kommunale Finanzmittel für richtig. Gleichwohl ist es wichtig, Druck auf das Land NRW und auf den Bund auszuüben, damit nicht immer mehr Kosten auf die Kommunen abgewälzt werden.

Wenn ja, was wird Ihre Partei unternehmen, damit die Finanzierung im Bereich Flucht/Migration/Integration künftig besser sichergestellt ist?

DIE LINKE beobachtet mit Sorge, dass das Land NRW und der Kreis Wesel bei zahlreichen Förderungen seit Jahren mit gleichbleibenden Förderbeträgen agieren und dadurch der Eigenanteil der Träger kontinuierlich steigt, da Personalkostensteigerungen und Inflationsrate nicht ausgeglichen werden. Daher hat DIE LINKE sich bei den Haushaltsberatungen im Kreistag bereits für eine jährlich automatisch um 3% steigende Förderung eingesetzt.  

Im Bereich der Integration ist der Kreis Wesel selbst davon betroffen, dass das Land kaum institutionelle Förderungen vornimmt, sondern jeweils auf befristete „Projektförderungen“ setzt. Dadurch ist es beim Kommunalen Integrationszentrums (KIZ) des Kreises Wesel wiederholt zu Personalwechseln gekommen, da die dortigen Stellen nur befristet besetzt wurden. DIE LINKE hat zu den letzten Haushaltsberatungen beantragt, die Stellen beim KIZ zu entfristen, im Interesse der Mitarbeiter*innen und der Qualität und Kontinuität der Arbeit.

Gerade im Bereich der Arbeit mit Geflüchteten und der langfristigen Integrationsarbeit darf es nicht zu Finanzkürzungen kommen, vielmehr sind die geschaffenen Strukturen aufrecht zu erhalten. Dies gilt besonders, weil auch die Bundesrepublik in der Pflicht steht, die Evakuierung der Flüchtlingslager z. B. auf Lesbos zu ermöglichen und Geflüchtete entsprechend aufzunehmen. DIE LINKE unterstützt hierzu die Initiative „Sichere Häfen“.  

3. Psychosoziale Beratung

Der AWO KV Wesel e.V. bietet psychosoziale Beratung für vulnerable Personengruppen, wie Opfer sexuellen Missbrauchs oder häuslicher Gewalt sowie für traumatisierte bzw. psychisch belastete Geflüchtete an. Das bestehende Angebot deckt den bestehenden Bedarf an kultursensibler psychosozialer Beratung für Erwachsene und Kinder bei Weitem nicht ab.

Frage: Ist Ihre Partei bereit, mit zusätzlichen kommunalen Finanzmitteln und in Zusammenarbeit mit freien Trägern den Kampf gegen sexualisierte Gewalt zu verstärken?

JA.

Welchen Beitrag plant Ihre Partei zu leisten, um verletzliche Personengruppen besser zu schützen?

Neben einem Ausbau der unzureichenden Plätze in Frauenhäusern und der zurückzunehmenden Kürzungen in diesem Bereich  fordert DIE LINKE den Ausbau von Schutzwohnungen für vulnerable Personengruppen, wohnortnahe Beratungsstellen und eine stärkere Multiplikator*innenfortbildung, z. B. verstärkte Sensibilisierung der  Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltungen für die Bedarfe vulnerabler Personengruppen.

Welche Strategie hat Ihre Partei um der Verbreitung von Rassismus und Antisemitismus in der Gesellschaft zu entgegnen?

DIE LINKE ist einer antifaschistischen Politik zutiefst verpflichtet. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und faschistische Ideologie haben mit der AfD einen erschreckend starken Zuspruch erfahren. In den Parlamenten und auf der Straße, am Arbeitsplatz und am Stammtisch gilt es, der Menschenverachtung jederzeit zu widersprechen. DIE LINKE unterstützt hierzu Fort- und Weiterbildungen, die es besser ermöglichen sollen, in alltäglichen Situationen Paroli zu bieten, organisiert (oder beteiligt sich an) Demonstrationen gegen AfD-Parteitage und setzt sich im Kreis Wesel für ein Handlungskonzept gegen Rassismus, Antisemitismus und Faschismus ebenso ein wie für eine Antidiskriminierungsstelle beim Kreis Wesel. Auch die Erinnerungspolitik muss aktiver Bestandteil kommunaler Arbeit sein, so zum Beispiel durch die Dokumentation von Stolpersteinen oder Erinnerung an die Kämpfe zur Verteidigung der Demokratie.

In der Corona-Zeit spitzen sich Konflikte in Familien aufgrund der häuslichen Enge und/oder finanzieller Schwierigkeiten zu. Diese Krisenzeit verdeutlicht die Bedeutung solcher Einrichtungen wie die Frauenberatung oder Anlaufstellen gegen sexuellen Missbrauch. Nicht jede Kommune im Kreis Wesel verfügt über solche Beratungsangebote, was dazu führt, dass Menschen in Krisen und Notsituationen keine/n Ansprechpartner*in finden.

Frage: Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass mehr Frauenberatungs- und Anlaufstellen gegen sexuellen Missbrauch für Menschen in Notsituationen im Kreis Wesel zur Verfügung stehen?

Ja

Begründen Sie bitte Ihre Auswahl:

Der Ausbau von Beratungsangeboten ist insgesamt notwendig, um wohnraumnahe Angebote zu ermöglichen. Hilfsangebote müssen niedrigschwellig vor Ort zur Verfügung stehen.

4. Wohnungslosigkeit

In allen Kommunen fehlt ausreichend bezahlbarer Wohnraum. Vor allem Menschen mit geringem Einkommen haben daher zunehmend Probleme, eine Wohnung zu finden. Gleichzeitig ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Wohnungslosen kontinuierlich gestiegen.

In den Beratungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege werden viele Rat- und Hilfesuchende betreut. Dabei nehmen auch immer mehr Frauen und junge Erwachsene die Angebote in Anspruch.

Frage: Plant Ihre Partei, neue Bauprojekte zu forcieren, um der Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden?

Ja, DIE LINKE tritt dafür ein, den Anteil des öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungsanteils im Kreis Wesel durch die Stärkung und Neugründung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften und zunehmenden Geschosswohnungsbau zu erhöhen. DIE LINKE lehnt eine Bau- und Wohnungspolitik, die einseitig auf die Planung und den Neubau von Einfamilienhäusern setzt, ab. DIE LINKE unterstützt das Konzept „Housing First“, demzufolge Wohnungslose schnellstmöglich mit regulärem Wohnraum versorgt werden.    

5. Leben & Älter werden

Der AWO Kreisverband Wesel e.V. hält verschiedene Angebote zur „Offenen Altenhilfe“ bereit, z.B. Begegnungsstätten für Senior*innen, niedrigschwellige Betreuungsangebote für Angehörige von Menschen mit Demenz und weitere. Diese Angebote tragen unter anderem auch stark zu einem selbstbestimmten Leben im Alter bei.

Diese Service- und Dienstleistungen werden von Seiten der Kommunen mitfinanziert, sind aber deutlich unterfinanziert.

Frage: Hält Ihre Partei an diesen Angeboten fest?

Ja

Wie soll eine dauerhaft tragfähige und auskömmliche Finanzierung erreicht werden?

Angesichts der demographischen Entwicklung ist nicht nur eine Beibehaltung, sondern eine Stärkung der Angebote im Bereich der Seniorenarbeit dringend geboten. Diese Arbeit muss zu den Pflichtaufgaben der Kommunen gehören und finanziell stärker gefördert werden. Auch deshalb sind das Land NRW und der Bund gefordert, endlich eine auskömmliche Finanzierung der kommunalen Haushalte zu gewährleisten. 

6. Pflege

Der Fachkräftemangel ist auch in der stationären und ambulanten Pflege schon länger spürbar. Aufgrund der demografischen Entwicklung stehen einer immer größer werdenden Anzahl pflegebedürftiger Menschen immer weniger Pflege(fach)kräfte gegenüber.

Von dieser Entwicklung besonders betroffen sind die ländlichen Regionen. Dort wird die flächendeckende Betreuung zunehmend erschwert. Hinzu kommt, dass ambulante Pflegedienste in diesem Gebieten kaum mehr wirtschaftlich arbeiten können oder kein Personal finden.

Frage: Plant Ihre Partei konkrete Maßnahmen, um der großen Bedarfslage gerecht zu werden?

Ja

Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei, um der großen Bedarfslage gerecht zu werden?

Für DIE LINKE ist die Pflege ein elementarer Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Die menschliche Gesundheit darf keine Ressource für Profite darstellen. Der steigende Bedarf an professioneller Pflege kann nur mit einer umfänglichen Aufwertung des Berufsstandes ausgeglichen werden kann. Anstatt die beruflichen Qualifikationen innerhalb der professionellen Pflege weiter auszudifferenzieren, hält es DIE LINKE für zwingend erforderlich, die Arbeitsbedingungen in der Pflege insgesamt zu verbessern. Examinierten Fachkräften müssen ausreichend Ressourcen und Kapazitäten zur Verfügung stehen, damit die Pflege möglichst nah an den Bedürfnissen von Patient*innen und Angehörigen geplant und ausgeführt werden kann. Hierzu ist es dringend geboten, dass qualifizierte Fachkräfte die Pflege nicht nur planen, strukturieren und beaufsichtigen, sondern gleichzeitig die Pflege auch am zu Pflegenden ausführen. Würdevolle Bedingungen innerhalb der professionellen Pflege können nur über einen Pflegeschlüssel von maximal 1:8 erreicht werden. Damit qualifizierte Nachwuchskräfte für einen Beruf in der Pflege gewonnen werden können, müssen die Ausbildungskapazitäten erhöht und die Bezahlung der Fachkräfte mittels flächendeckender Tarifverträge verbessert werden.

Ist Ihre Partei grundsätzlich bereit, die so genannten komplementären und haushaltsnahen Dienste zur Vermeidung stationärer Unterbringung kommunal finanziert zu unterstützen?

Ja. Die meisten Pflegebedürftigen möchten in ihrem häuslichen Umfeld verbleiben. Die derzeitigen Leistungen der Pflegekassen sind zu gering, um eine umfassende Absicherung zu gewährleisten. Gerade gemeinnützige Anbieter*innen komplementärer und haushaltsnaher Dienstleistungen müssen vor diesem Hintergrund auch durch kommunale Mittel gestärkt werden.

7. Teilhabe

Das neue Bundesteilhabegesetz hat zu Veränderungen in der Eingliederungshilfe geführt, die sich auch in den kommunalen Strukturen wiederfinden müssen. Teilhabe funktioniert nicht ohne Barrierefreiheit. Denn wo Orte, Räume oder Kommunikationsmittel nicht barrierefrei sind, bleibt Teilhabe am kulturellen und politischen Leben, in der Arbeitswelt und in der Freizeit verwehrt.

Frage: Wird Ihre Partei den Abbau von Barrieren forcieren?

Ja

Wenn ja, wie genau stellt sich Ihre Partei die Herstellung von gleichwertigen Lebensbedingungen, z.B. durch den Abbau von Barrieren, vor?

Der Ausbau eines barrierefreien öffentlichen Nahverkehrs im Kreis Wesel (Umbau von Haltestellen, Umsteigebahnhöfen und Bussen)  ist für DIE LINKE ebenso Ziel wie die barrierefreie Modernisierung des öffentlichen Wohnungsbestands. Barrierefreiheit ist eine Voraussetzung für Inklusion. Eine inklusive Gesellschaft schließt alle Menschen ein, ob mit oder ohne Behinderungen.

Alle Sondereinrichtungen, in denen Menschen mit Behinderungen separiert werden, müssen nach und nach abgeschafft oder umgewandelt werden. Dies gilt für Förderschulen, Werkstätten sowie Wohnheime für Menschen mit Behinderungen. Stattdessen muss es in der Regelschule, dem Ersten Arbeitsmarkt oder im Wohnbereich genug Assistenz, Barrierefreiheit und ein barrierefreies Umfeld geben, damit selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen möglich ist.

8. Kindertageseinrichtungen

Das novellierte Kinderbildungsgesetz NRW tritt am 01.08.2020 in Kraft. Ziel dieses Gesetzes ist laut Landesregierung die Anhebung der Qualität in der frühkindlichen Bildung. Hierfür wird mehr Geld zur Verfügung gestellt. Um diese höhere Qualität zu gewährleisten, ist vor allem ein entsprechender Personaleinsatz notwendig, jedoch leidet der Arbeitsbereich unter einem Mangel an Fachpersonal.

Frage: Gibt es Pläne Ihrer Partei auf kommunaler Ebene, um dem eklatanten Mangel an Fachkräften entgegen zu treten?

Ja

Wenn ja, was plant Ihre Partei auf kommunaler Ebene, um dem Fachkräftemangel entgegen zu treten?

Angesichts der Fachkräftemangels konkurrieren die Einrichtungen derzeit einerseits untereinander bei der Suche nach Personal, und der Kreis Wesel konkurriert dabei insgesamt mit anderen Regionen. Von daher ist es notwendig eine Aufwertung des Berufsbildes Erzieher*in hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und Entlohnung vorzunehmen und konkrete Angebote (Bereitstellung von KiTa-Plätzen für Erzieher*innen, Hilfe bei der Wohnungssuche usw.) zu unterbreiten, die es noch attraktiver machen, in KiTas im Kreis Wesel zu arbeiten. Eine solche Aufwertung und eine angemessene, existenzsichernde Entlohnung während der gesamten Ausbildungszeit als Erzieher*in kann dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Hierzu ist der Einsatz kommunaler Finanzmittel notwendig.

Neben den von den Trägern nach dem Kinderbildungsgesetz NRW geforderten Trägeranteilen (im Falle der Arbeiterwohlfahrt 7,8% der Fördersummen) ist laut demselben Gesetz lediglich eine Anrechnung von 3% der erhaltenen Kindpauschalen für die Deckung der für den Träger anfallenden Overheadkosten möglich. Diese Overheadkosten übersteigen jedoch bei weitem den mit 3% zu deckenden Betrag. Es wären aus unserer Sicht mindestens 5% notwendig. Somit muss ein Träger für den Betrieb von Kindertagesstätten hohe Summen an Eigenmitteln mit einbringen. Die Deckung des Bedarfes der Kindertagesbetreuung ist Pflichtaufgabe der Kommune und kann im Falle einer Nichtleistung eingeklagt werden. Somit erfüllt der Träger durch den Betrieb von Kindertagesstätten diese Aufgabe stellvertretend für die Kommune und unterstützt die Kommune somit dabei ihre Pflicht gegenüber den anspruchsberechtigten Familien zu erfüllen.

Frage: Findet Ihre Partei es richtig, dass Träger für die Erfüllung einer öffentlichen Pflichtaufgabe Eigenmittel in derartiger Höhe einbringen müssen?

Nein

Das Subsidaritätsprinzip im Bereich der Kindertagesstätten und die damit beabsichtigte Trägervielfalt darf nicht als „Sparprogramm“ zu Lasten der gemeinnützigen Träger*innen ausgelegt werden.

9. Kinder- und Jugendhilfe

Der Bereich der Kinder- und Jugendhilfe stellt ein wichtiges Arbeitsfeld dar, in dem die Adressaten und ihre Familien begleitet und unterstützt werden, wenn dieses notwendig wird. Die Arbeit der Mitarbeiter*innen in diesem Berufsfeld ist ein wichtiger Beitrag, um familiäre Systeme zu unterstützen und zu entlasten. Sie hat einen enormen präventiven Charakter. Dieser Bereich ist jedoch zunehmend von Einsparmaßnahmen betroffen, sodass diese wichtige Arbeit erschwert und das Berufsfeld unattraktiver wird. Die Mitarbeiter*innen sind zunehmend belastet, was auch junge Menschen in der Berufswahl nicht dazu veranlasst sich für einen Beruf in diesem sozialen Bereich zu entscheiden.

Frage: Wird Ihre Partei dieser Problematik entgegenwirken?

Ja

Wenn ja, was wird Ihre Partei dafür tun, um dieser Problematik entgegen zu wirken?

DIE LINKE ist bereits gegen die kreisweiten Kürzungen im Bereich der Frühen Hilfen eingetreten und wirbt dafür, die Kinder- und Jugendhilfe gerade im präventiven Bereich auszubauen. Die zunehmende Notwendigkeit der Hilfen zu Erziehung zeigt auch, dass der Bereich der Prävention stärker finanziert werden muss. Hilfe zur Erziehung darf zudem in ihrem Umfang und in ihrer Ausgestaltung in keinem einzelnen Fall aufgrund finanzieller Erwägungen zu gering ausfallen. 

10. Offene Kinder- und Jugendarbeit

Die Häuser der offenen Tür und Streetwork bieten Kindern und Jugendlichen Anlaufpunkte und Beziehungsangebote, in denen sie sich in einem geschützten Rahmen aufhalten können, in denen ihnen zugehört wird und sie Unterstützung in lebenspraktischen Bereichen erfahren. Sowohl im schulischen und beruflichen als auch im Freizeitbereich gibt es hier ein umfassendes Angebot, das von den Mitarbeiter*innen mit viel Kreativität und mit Blick auf Partizipation entwickelt wird. Häufig werden hier Möglichkeiten der Begleitung und Unterstützung eröffnet, die das familiäre Umfeld nicht bieten kann. Um ein solches Angebot qualitativ hochwertig und breit aufzustellen, ist neben dem Engagement der Mitarbeiter*innen auch ein entsprechendes Budget notwendig, welches jedoch derzeit leider in einem sehr begrenzten Rahmen zur Verfügung gestellt wird.

Frage: Wird sich Ihre Partei dieser Thematik annehmen und hier Abhilfe schaffen?

Ja

Wenn ja, wie wird sich Ihre Partei der Thematik annehmen und hier Abhilfe schaffen?

Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist von besonderer Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen. Sie muss in vielfacher Hinsicht ausgebaut sowie diverser und inklusiver ausgestaltet werden. Es stehen derzeit insgesamt aufgrund zu knapper Budgets zu wenig Angebote zur Verfügung.

11. Bürgerschaftliches, freiwilliges, ehrenamtliches Engagement

Freiwilliges und ehrenamtliches Engagement führt zu Begegnungen und zum Kennenlernen von unterschiedlichen Menschen, schärft das Verständnis für die Rechte und Bedarfe der Mitbürger*innen und stiftet Zusammenhalt. In einer Demokratie übernehmen Bürger*innen Verantwortung im Gemeinwesen. Engagement benötigt eine Ermöglichungskultur, welche Räume für Beteiligung eröffnet. Engagement benötigt verlässliche Strukturen, Anerkennung und Förderung, um vielfältige Lernprozesse und Teilhabe zu ermöglichen. Dies bedeutet auch, verlässliche Rahmenstrukturen zur Verfügung zu stellen, um Engagement dort zu fördern, wo es benötigt wird und entsteht bzw. entstehen kann.

Frage: Wird sich Ihre Partei dieser Thematik annehmen und hier Abhilfe schaffen?

Ja

Wenn ja, wie wird sich Ihre Partei der Thematik annehmen und hier Abhilfe schaffen?

Ehrenamtliches Engagement ist oftmals nicht nur mit dem Einsatz von Zeit, sondern auch mit dem Einsatz privater Finanzmittel verbunden. DIE LINKE tritt daher dafür ein, ehrenamtliche Tätigkeiten dadurch anzuerkennen und zu honorieren, dass es z. B. ermäßigte Eintrittspreise für öffentliche Veranstaltungen gibt („Ehrenamtskarte“). Darüber hinaus bedarf ehrenamtliche Tätigkeit einer professionellen Unterstützung und Begleitung, auch, um Ehrenamtler*innen nicht „zu verbrennen“.  Entsprechende Strukturen sind aus kommunalen Mitteln zu fördern; das Ehrenamt darf zudem nicht als Sparmaßnahme missbraucht werden.

Vorbemerkung:
DIE LINKE hat sich im Kreistag Wesel immer wieder mit der Problematik des Salzbergbaus beschäftigt und sich intensiv für den „Runden Tisch Salzbergbau“ eingesetzt. Dieser Runde Tisch muss deutlich gestärkt werden. Um die Arbeit der Bürgerinitiative der Salzbergbaugeschädigten NRW e.V. zu unterstützen, hat DIE LINKE den ihr zustehenden Sitz beim Runden Tisch mit Herrn Feldmann von der Bürgerinitiative besetzt. Wir hatten Sie dazu ja auch schon in der Vergangenheit bei uns in der Kreistagsfraktion zu Gast und stehen natürlich für weitere Gespräche immer zur Verfügung.

Den derzeitigen Kommunalwahlkampf nutzt DIE LINKE derzeit, um der Schwerpunkt-Forderung nach Einrichtung einer unabhängigen Schiedsstelle Nachdruck zu verleihen und um auf die Folgewirkungen des Kies- und des Salzabbaus für die Menschen und die Natur am Niederrhein hinzuweisen und einen Wechsel hin zu einer nachhaltigen Politik in diesen Bereichen voranzubringen.

1. Rechtssicherheit

Im Gegensatz zum Steinkohlebergbau gibt es im Salzbergbau keine Schiedsstelle und es gibt keine Rechtsschutzversicherung, welche die Risiken einer Klage gegen ein Bergbauunternehmen übernehmen will. Was möchten Sie tun, dass die Schäden an einem Gebäude, der zugehörigen Infrastruktur oder eine Wertminderung der Liegenschaft der Bürgerinnen und Bürger, unabhängig geprüft, neutral bewertet und angemessen reguliert werden?

DIE LINKE setzt sich seit langer Zeit für eine unabhängige Schiedsstelle zur Begutachtung und Berechnung von Salzbergbauschäden ein. Es kann nicht angehen, dass Betroffene ihre Ansprüche unter Einsatz eigener finanzieller Mittel anmelden und mit den Unternehmen „verhandeln“ müssen.

Eine unabhängige Schiedsstelle ist auch deshalb notwendig, um entstandene Schäden insgesamt zu dokumentieren und um eine seriöse Datenbasis zum Ausmaß der durch den Salzbergbau entstandenen Schäden zu erhalten.

 2. Infrastruktur

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern dürfen in NRW weiterhin Straßenausbau-Gebühren erhoben werden und müssen - nach Aussage der Gemeindeprüfungsanstalt - auch erhoben werden. Andererseits werden jedoch zwangsläufig erhebliche Schäden an der Infrastruktur (Bahnlinien, Straßen, Wege) und an Netzwerken (Strom, Gas, Wasser, Abwasser und Datenleitungen) entstehen. Wie stellt die Politik sicher, dass die Kosten hierfür differenziert betrachtet werden: Was ist Alters- bzw. Abnutzungsbedingt und was sind Bergbaufolgen? Wie wird sichergestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht für die Folgen des Bergbaus direkt (Straßenausbau-Gebühren) oder indirekt (erhöhte Preise der Versorgungs- und Entsorgungsunternehmen) zur Kasse gebeten werden?

DIE LINKE fordert die vollständige Abschaffung der Straßenausbaugebühren in NRW. Dies muss auf Landeseben beschlossen werden; die Einnahmeausfälle der Kommunen müssen durch Landesmittel entsprechend kompensiert werden. Nordrhein-Westfalen ist eines der letzten Bundesländer mit Straßenausbaugebühren, weil CDU und FDP sich einer Abschaffung bislang widersetzen.

Bis dahin müssen die Kommunen alle Möglichkeiten zur Absenkung bzw. zum Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaugebühren bei Anliegern nutzen. DIE LINKE wird die Erhebung von Straßenbauträgen in den Stadträten in jedem einzelnen Fall ablehnen.

Gleichzeitig müssen auch die Kommunen selbst endlich Schäden, die auf den Salzbergbau zurückzuführen sind, dokumentieren und entsprechende Entschädigungsleistungen einfordern. Es geht nicht an, dass die mit dem Salzbergbau verbundenen Gewinne privatisiert und die Kosten der Schadensbeseitigung sozialisiert werden. 

3. Betrachtungszeitraum

Durch den Salzbergbau werden Geländesenkungen über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren erwartet und es werden sogenannte "Ewigkeitslasten" generiert (dauerhaftes Abpumpen tiefer liegender Bereiche). Im Gegensatz zu den Schäden, die durch Steinkohlebergbau entstehen, werden die Schäden in einem so langen Zeitraum immer wieder auftreten und Gebäude und Infrastruktur müssen mehrfach saniert werden. Wie stellt die Politik für die ortsansässigen Bürger sicher, dass die Bergbaubetreiber auch noch nach so langer Zeit genug Rücklagen besitzen und einsetzen können, wenn der Bergbaubetrieb bereits längst abgeschlossen ist und die Betriebe - zumindest vor Ort - aufgelöst wurden?

DIE LINKE hält einen Fond, der sich aus verpflichtenden Abgaben der Salzbergbauunternehmen speist, zur Bewältigung der Ewigkeitslasten für notwendig. Andernfalls droht auch hier, dass die derzeitigen Gewinne aus der Salzförderung in private Kassen fließen und die öffentliche Hand zu einem späteren Zeitpunkt mit enormen Kosten konfrontiert wird. Ohne einen solchen Fond zur Bewältigung der Ewigkeitslasten hätten Bürger zudem später kein „Gegenüber“ mehr, bei dem Entschädigungsleistungen angemeldet werden können.

Ein nachhaltiges Wirtschaften macht es notwendig, die Folgekosten der Salzförderung bereits jetzt zu berücksichtigen.

4. Überschwemmungsrisiko

Der Salzbergbau in der jetzigen Form, führt zu deutlichen Bodenabsenkungen, die sowohl in bebauten wie landwirtschaftlich genutzten Flächen stattfindet. Halten Sie das gesteigerte Gefahrenpotential für die Bevölkerung gerechtfertigt und was möchten Sie künftig tun, um den Hochwasserschutz zu verbessern und Starkregenereignisse abzusichern?

Der Klimawandel mit seiner globalen Erwärmung und der Möglichkeit der Atmosphäre mehr Wasserdampf aufzunehmen, verstärkt die Gefahr von Starkregenereignissen. Salzbergbau und Kiesabbau führen zu deutlichen Grundwasseranstiegen und Bodenabsenkungen.  Von daher ist die Notwendigkeit des Ausbaus des Schutzes bei Hochwasserständen und Starkregenereignissen von zunehmender Bedeutung und kein abstraktes Problem.

Deichertüchtigung unter Berücksichtigung zu erwartender Absenkungen, dreidimensionale Modelle zur Analyse der Fließwege und eine deutliche Beschränkung des weiteren Kies- und Salzabbaus sind notwendig zum Schutz von Mensch und Natur.

5. Erweiterung des Salzabbaus

Der aktuelle Bergbaubetreiber plant bekanntlich die Erweiterung des untertägigen Salzabbaus in zwei Bereichen bis nach Xanten bzw. bis Borth auf einer Fläche von über 4000ha. Haben Sie die Notwendigkeit der Erweiterung der Abbaugebiete und die geplante Lage, sowie die Abbaumethoden hinterfragt und halten sie dies angesichts der großen, über lange Zeiträume zu erwartenden Schäden, für gerechtfertigt?

DIE LINKE lehnt eine Erweiterung des Salzabbaus ab, solange dieser nicht mit
a) einer umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung
b) einem gesetzlich verankerten und durch die Salzbergbau betreibenden Unternehmen zu finanzierenden Fond zur Absicherung der Ewigkeitslasten
c) einer gesetzlich verankerten Schiedsstelle 
verbunden wird.
Erweiterungsgenehmigungen sind, wenn überhaupt, nur nach Erfüllung dieser Kriterien vorstellbar.

6. Offene Frage:

Welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um einen weitreichenden Schutz der Bevölkerung und Bewohner sowie der Umwelt im Zusammenhang mit dem bestehenden Salzabbau und der geplanten Erweiterung sicherzustellen?

Neben den zuvor genannten Forderungen (Umweltverträglichkeit, effektiver Hochwasserschutz, Finanzierung der Ewigkeitslasten, Schiedsstelle zur Schadensdokumentation und -regulierung) hält DIE LINKE auch eine Bedarfsprüfung für den weiteren Salzabbau für erforderlich. So wird weiterhin in hohem Maße Streusalz produziert und zum privaten Erwerb angeboten, obwohl der Einsatz in den meisten Kommunen aus berechtigten Umweltgründen verboten ist. Eine Reduzierung des Salzverbrauchs und damit auch der Fördermengen ist dringend geboten.

Bundesgesetzlich geregelt werden muss zudem, dass es keinerlei Verjährungsfristen für die Regulierung von Salzbergbauschäden mehr gibt.

1.Wie und durch welche konkreten Maßnahmen fördern Sie Hotellerie und Gastronomie aktuell in Ihrer Stadt und mittelfristig in den nächsten 5 Jahren als Oberbürgermeister*in – Landrat*in?*

Gerade in der jetzigen Zeit wäre es wichtig, dass die Kommunen z.B. auf Gebühren für die Außengastronomie verzichten, damit die Betreiber*innen nicht zusätzlich belastet werden. In wenigen Städten innerhalb des Kreises haben die Räte schon entsprechende Initiativen durchgesetzt. Diese Entwicklung muss weitergehend gefördert werden. Ebenso muss es auf Bundesebene Gespräche geben die Kurzarbeitergeldregelungen längerfristig aufrecht zu erhalten, um auch hier Entlastungen zu garantieren.

2. Welchen Stellenwert messen Sie Hotellerie und Gastronomie innerhalb der lokalen Wirtschaft bei?*

Das Hotel- und Gaststättengewerbe hat im Kreis Wesel eine enorme Bedeutung. Der Niederrhein-Tourismus ist in unserer Region ein wesentlicher Faktor in der Wirtschaft. Es gilt im Kreis Wesel, gerade in der Corona-Krise, die Vielzahl der Angebote zu stärken und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Unternehmen ermöglichen gut durch die Krise zu kommen. Dazu kann die EntwicklungsAgenturWirtschaft (EAW) einen wichtigen Beitrag leisten auf Fördermöglichkeiten und Hilfsprogramme hinzuweisen.

Mit dem Freizeitzentrum Xanten z.B. leistet der Kreis Wesel einen guten Beitrag zur Stabilisierung des breitgefächerten Angebots in den Bereichen der Naherholung und der kulturellen Vielfalt. Ländliche Entwicklung kann als ein fortwährender Prozess angesehen werden, den ländlichen Raum gegenüber urbanen Gebieten zu stärken. Im Vordergrund steht dabei der Erhalt der Dörfer als Wohn- und Lebensraum, die Erhöhung der Wirtschaftskraft auf dem Land und der Erhalt sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum.  Hier leistet das Hotel- und Gastronomiegewerbe einen guten Beitrag den es zu fördern gilt.

3. Was konkret soll die lokale Hotellerie und Gastronomie für Sie bzw. die Stadt /den Kreis tun?*

Für uns als LINKE ist der Dialog mit der Verwaltung ein wesentlicher Bestandteil. Das heißt aber auch, dass man auf Augenhöhe den Dialog führt. Damit gute Arbeit auch gut entlohnt werden kann, ist es wichtig sich flächendeckend für gute Tarifvertragsstrukturen der Beschäftigten einzusetzen. Dies schließt auch die deutliche Aufstockung des Kurzarbeitergeldes unabdingbar mit ein. 77.000 Teilzeit- und Minijobber im Kreis Wesel sind laut Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) von der Armut bedroht. „Insbesondere Frauen, die halbtags oder nur einzelne Tage in der Woche arbeiten, fehlt am Monatsende das nötige Geld. Für viele Familien im Kreis ist ein Kinobesuch oder ein neuer Schulranzen längst zum Luxus geworden. Diese Entwicklung darf sich nicht weiter fortentwickeln. Hier sind auch die Unternehmer*innen gefragt für bessere Rahmenbedingungen im Kreis Wesel zu sorgen.

  1. Wie wollen Sie die Rechte von Kindern und Jugendlichen nach der UN-Kinderrechtskonvention schützen, insbesondere das Recht auf (frühkindliche) Bildung, aber auch auf Ruhe, Freizeit und Spiel?

DIE LINKE setzt sich schon lange für die Aufnahme der UN-Kinderrechte in das deutsche Grundgesetz ein. Auf Landes- und kommunaler Ebene wollen wir kostenlose und gute Kitas mit deutlich mehr Personal, das Recht auf ausreichend und bezahlbaren Wohnraum mit einem eigenen Zimmer und ausreichend Platz für Kinder. Wir fordern den deutlichen Ausbau von kostenlosen barrierefreien öffentlichen Spiel- und Freizeitorten für Kinder und Jugendliche sowie ausreichend Sportplätze und -Hallen und Schwimmbäder.

Wichtig ist dabei für uns, dass niemand ausgegrenzt und zurückgelassen wird. Hierzu fordern wir neben kostenlosem qualitativ hochwertigem Essen in Kitas und Schulen einen Sozialpass, der Familien eine stärkere Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben in ihrer Kommune ermöglicht

Zunächst verweisen wir auf unsere ausführlichen Kapitel zu Kinder- und Jugendpolitik in unseren kommunalpolitischen Leitlinien:
https://www.dielinke-nrw.de/kommunalwahl/programm/leitlinienkommunalpolitik14010/#c117330

Das Programm ist vor der Corona-Krise beschlossen worden und geht deshalb noch nicht darauf ein. Viele der besonderen Probleme für Kinder und Familien existieren unseres Erachtens während Corona aber auch deshalb, weil schon vor Corona die Infrastruktur für Kinder und die Unterstützung und Förderung von Familien sträflich vernachlässigt wurde.

In unserem Programm schreiben wir unter anderem:
Kinder und Jugendliche besitzen wie junge Erwachsene ein Grundrecht auf Gleichstellung und auf Teilhabe. Dennoch wird Kinder- und Jugendpolitik mit dem Verweis auf leere Kassen vernachlässigt, Angebote werden abgebaut und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gekürzt. Besonders präventive Angebote wie dringend benötigte Jugendzentren sind von kommunaler Kürzungspolitik bedroht. DIE LINKE tritt diesem „Sparen am falschen Ort“ in den Kommunalgremien entgegen, um gleichberechtigte Zugänge zu Bildungs- und Freizeitangeboten für alle Kinder und Jugendliche zu erhalten.

Kinder und Jugendliche brauchen partizipativ gestaltbare Freiräume und nicht-kommerzielle Spiel-, Sport- und Freizeitgelegenheiten. Dennoch fallen solche lebensweltlich orientierten und präventiv wirkenden Lernorte und Teilhabemöglichkeiten häufig dem Sparzwang zum Opfer. Gerade Kinder und Jugendliche aus armen Familien werden so in ihrer Freizeitgestaltung massiv benachteiligt. Die Politik vor Ort berücksichtigt immer weniger ihre Bedürfnisse und entscheidet an ihnen vorbei. Dabei sind aufgrund der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung in Arm und Reich wohnortnahe kostenfreie Angebote für Kinder und Jugendliche unverzichtbar.

DIE LINKE tritt ein für:

  • die besondere Förderung von Kinder- und Jugendeinrichtungen in sozial belasteten Stadtteilen; selbstverwaltete Räume (Alternative und Jugendzentren) wollen wir stärken; entsprechende Angebote sollen ausreichende Sach- und Personalausstattung mit mehr Struktur- und weniger Projektförderung erhalten; jede Stadt und größere Gemeinde sollte ein entsprechendes Angebot vorhalten,
  • die besondere Förderung von (barrierefreien) Spielplätzen in sozial belasteten Gebieten, die von Kindern und Jugendlichen partizipativ mitgestaltet werden; dies schließt auch Freiflächen als zwanglose Treffpunkte für Jugendliche, außerschulische Lernorte und die Öffnung aller Schulhöfe als Spiel- und Aufenthaltsräume ein,
  • den Erhalt und Ausbau von Streetwork und Angeboten der mobilen Jugendarbeit,
  • die Nutzung von Sportplätzen und -hallen sowie Schwimmbädern unabhängig von einer Vereinszugehörigkeit; kommunale Schwimmbäder mit niedrigen Preisen und kostenfrei nutzbare Sportstätten müssen erhalten bleiben,
  • einen Kinder- und Jugendrat auf kommunaler Ebene mit Vertretungsrecht in den örtlichen Parlamenten und dessen Beteiligung an allen kinder- und jugendrelevanten kommunalen Entscheidungen mit Stimm- und Rederecht,
  • das Herabsenken des Wahlalters bei Bürgerbegehren und -entscheiden sowie Kommunalwahlen auf 14 Jahre,
  • ausreichende personelle und finanzielle Unterstützung kultureller Jugendinitiativen wie kostenlose Probe- und Versammlungsräume sowie gebührenfreier Zugang zu technischem Equipment und Musikinstrumenten,
  • bedarfsgerechte Angebote der Kinder- und Jugendkultur als verpflichtender Bestandteil im Kinder- und Jugendförderplan,
  • kostenlosen Eintritt für Kinder und Jugendliche bei allen kommunalen Angeboten,
  • kostenlose Monatstickets für alle Kinder und Jugendliche unabhängig von der Entfernung zwischen Schule und Wohnort,
  • eine zehnprozentige Ausbildungsquote für städtische Betriebe und Verwaltungen einschließlich Übernahmegarantie, Praktikumsvergütungen in städtischen Betrieben und Verwaltungen,
  • die Schaffung von kommunalen Aus- und Weiterbildungsverbünden unter Beteiligung der örtlichen Stellen wie Berufsschulen, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Kammern und Stadtverwaltung; Jobcenter sollen sich verpflichten, den Auszug von Jugendlichen unter 25 Jahren aus einer Bedarfsgemeinschaft generell zu genehmigen.

DIE LINKE setzt sich seit langer Zeit für die Aufnahme der UN-Kinderrechte ins deutsche Grundgesetz ein.
 

2.  Wie wollen Sie einen zweiten Lockdown für die Bildungseinrichtungen KiTa, Schule und Förderangebote verhindern? Bitte skizzieren Sie kurz die Wahl Ihrer Maßnahmen.

Für den Bereich Schule hat unser geschäftsführender Landesvorstand ein Konzept beschlossen, welches als Anlage beigefügt ist.  Hier heißt es: „Die einzige Lösung besteht in kleineren Gruppen, verteilt auf mehr Räume. Hierzu muss das Land NRW den Rahmen für die Kommunen schaffen, damit auch andere Gebäude für den Unterricht mit Abstand genutzt werden können.
Neben Räumen muss dringend Personal – sowohl Lehrer*innen als auch Sozialpädagog*innen – zur Verfügung gestellt werden.“

Auch für Kitas und andere Angebote für Kinder und Familien gilt: Es braucht mehr Platz für Distanz sowie mehr Personal.

Personal ließe sich finden, wenn man auf Studierende der Lehrämter und der Sozialpädagogik zurückgreift, sowie auch Angebote für selbstständige Medienschaffende, Künstler*innen und andere Berufsgruppen schafft, welche aufgrund der Corona-Krise am Rand ihrer Existenz stehen.

Wir befürchten, dass es in NRW nicht dazu kommen wird, dass der Unterricht in kleineren Gruppen verteilt auf mehr Räume oder zu unterschiedlichen Zeiten stattfindet. Dazu braucht es Platz und Personal, wofür Bund, Land und Kommunen ein gutes Konzept brauchen und Geld in die Hand nehmen müssen.

Die Räume in den Schulen reichen aber für umfassenden Kleingruppen-Unterricht mit Abstandswahrung nicht aus, Maskenpflicht im Unterricht ist gleichwohl kein geeigneter Weg. Die Infektionszahlen steigen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Schulen auch wieder komplett geschlossen werden müssen.

Das Land NRW braucht daher sofort einen digitalen Plan B zur Beschulung auf Distanz. Dazu reicht es aber nicht, Schulen mit Internetleitungen oder Kinder mit kostenlosen Notebooks zu versorgen - auch wenn das ein guter Anfang ist und längst noch nicht überall Realität.

Digitaler Unterricht braucht pädagogische und didaktische Konzepte, technische und inhaltliche Lösungen für die Vermittlung von Unterrichtsstoff und die Beteiligung der Schüler*innen. Alle Lehrer*innen müssen hierzu auch im eigenen Homeoffice ausgestattet und technisch wie didaktisch fortgebildet werden. NRW braucht auch einen digitalen Lehrplan.

In anderen Ländern der Welt ist das bereits Wirklichkeit, in Deutschland befinden wir uns auf diesem Gebiet aber noch immer in der Steinzeit. müssen.

3. Wie wollen Sie gewährleisten, dass die Rechte, Bedürfnisse und Interessen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen?
Wir setzen uns für mehr Mitsprache von Kindern und Jugendlichen auf allen Ebenen ein. Unter anderem fordern wir einen Kinder- und Jugendrat auf kommunaler Ebene mit Vertretungsrecht in den örtlichen Parlamenten und dessen Beteiligung an allen kinder- und jugendrelevanten kommunalen Entscheidungen mit Stimm- und Rederecht. Wir wollen zudem das Wahlalter bei Bürgerbegehren und -entscheiden sowie Kommunalwahlen auf 14 Jahre senken.

4. Wie stellen Sie kurzfristig, aber auch strukturell sicher, dass Angebot und Personal in Kitas und in der Betreuung im offenen Ganztag quantitativ und qualitativ ausreichen?

Auch unabhängig von Corona brauchen wie mehr Personal in Schulen und Kitas. Hierzu wollen wir die Zahl der Studien- und Fachschulplätze deutlich erhöhen und vor allem auch den Beruf der Erzieher*innen attraktiver machen unter anderem durch bessere Bezahlung.

Kurzfristig kann das Land NRW zur Bewältigung der akuten Bildungskrise zur Unterstützung der Schulen und Kitas Studierende des Lehramts wie der Sozialpädagogik gegen angemessene Bezahlung und Befreiung vom Studium für zwei Semester für ein Schuljahr einstellen. Schulen mit bereits bestehendem Personalmangel und vielen sozial benachteiligten Schüler*innen sollten dabei vorrangig berücksichtigt werden. Auch für die sozialpädagogische Unterstützung können Studierende das Angebot der Arbeit an einer Schule für ein Jahr erhalten. Den Studierenden kann die Arbeitszeit an den Schulen als Praktika und Berufserfahrung angerechnet werden, den Lehrämtern zur Verkürzung des Referendariats.

Zusätzlich sollte geprüft werden, ob beispielsweise solo-selbstständige Künstler*innen, Architekt*innen oder Jugendbildner*innen, deren Auftragslage aufgrund der Pandemie miserabel ist, für praktischen Unterricht im Freien eingesetzt werden können. Durch die fachliche Expertise könnte so praxisbezogenes Lernen stattfinden, von dem beide Seiten profitieren, und es würden sich neue Möglichkeiten der Gruppenteilung/-verkleinerung ergeben. Zurecht wird die „Realitätsferne“ des Schulcurriculums immer wieder kritisiert.

5. Wie wollen Sie Schulen unterstützen, begleitend zum Präsenzunterricht digitale Lernangebote zu entwickeln und mit diesen alle Schülerinnen und Schülern zu erreichen?

Dass sich unser Bildungssystem noch in der digitalen Steinzeit befindet, muss sich schnellstens ändern.

Das Land NRW braucht sofort einen digitalen Plan B zur Beschulung auf Distanz. Dazu reicht es aber nicht, Schulen mit Internetleitungen oder Kinder mit kostenlosen Notebooks zu versorgen - auch wenn das ein guter Anfang ist und längst noch nicht überall Realität.

Digitaler Unterricht braucht pädagogische und didaktische Konzepte, technische und inhaltliche Lösungen für die Vermittlung von Unterrichtsstoff und die Beteiligung der Schüler*innen. Alle Lehrer*innen müssen hierzu auch im eigenen Homeoffice ausgestattet und technisch wie didaktisch fortgebildet werden. NRW braucht auch einen digitalen Lehrplan.

Für die Unterstützung der Schulen, Lehrer*innen und Familien ist das Land mit den Kommunen verantwortlich. Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, dass sich hier schnell etwas bewegt.

6. Was wollen Sie tun, um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, insbesondere mit Blick auf die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Betreuungs- oder Pflegeaufgaben, zu fördern?

Wir wollen Arbeit so umverteilen, dass die einen nicht mehr in Stress und Überstunden untergehen und die andern so viel Arbeit finden, wie sie wollen. Kürzere Vollzeit um die 30 Stunden in der Woche mit guten Standards: Wir wollen ein neues Normal-Arbeitsverhältnis und ein Recht auf Feierabend – und eine gerechtere Verteilung der Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern. Wir wollen ein Recht auf vorübergehende Arbeitszeitverkürzung: Der bestehende Rechtsanspruch auf Teilzeit muss durch ein Rückkehrrecht auf die vorherige vertragliche Arbeitszeit ergänzt werden. Erziehungsarbeit und Pflegearbeit müssen gesellschaftlich anerkannt und bei der Arbeitszeitgestaltung stärker berücksichtigt werden. Es braucht einen Rechtsanspruch auf familiengerechte und kürzere Arbeitszeit für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen.

Konzept „Schulstart und Infektionsschutz

Das NRW-Ministerium für Schule und Bildung hat nur zehn Tage vor Start des Schuljahres 2020/2021 verkündet, dass an allen Schulen eine Maskenpflicht auf dem Schulgelände gelten soll. Diese umfasst für Schüler*innen ab Klasse 5 grundsätzlich auch die Zeit des Unterrichts und soll zunächst bis Ende August gelten.

Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) zeigt sich kritisch. Die Maskenpflicht im Unterricht sei pädagogisch unsinnig, erklärte NRW-Landesvorsitzende Maike Finnern. „Sie ist ein hilfloser Versuch der Landesregierung, den Regelbetrieb trotz Bedenken durchsetzen zu wollen. Ehrlich wäre das Eingeständnis gewesen, dass das Angebot angepasst werden muss, da das Abstandsgebot auch in Schulen gelten muss.“

Die Landesschüler*innenvertretung, die rund 2,5 Millionen Schülerinnen und Schüler in NRW vertritt, teilte dem WDR mit, dass sie eine Maskenpflicht in weiterführenden Schulen grundsätzlich sinnvoll findet, um die Infektionszahlen unter Kontrolle zu halten. "Unter einer Maske arbeitet es sich viel schwieriger und in unseren nicht-klimatisierten Schulgebäuden kommt das dann natürlich noch mal doppelt und dreifach zum Tragen", sagte Moritz Bayerl aus dem Vorstand der LSV NRW gegenüber dem WDR. Deshalb fordert er, dass Lehrer alternative Unterrichtsformen wählen, zum Beispiel bei gutem Wetter in Parks gehen und draußen unterrichten, wo man den Sicherheitsabstand einhalten kann und keine Maske tragen muss. Zudem sorgt sich die LSV NRW, dass Lehrkräfte, die keine Maske tragen müssten, als Superspreader fungieren könnten. Die LSV setzt sich daher für kleine Lerngruppen mit festem Lehrpersonal ein.

DIE LINKE NRW kritisiert, dass Schulministerin Gebauer im Angesicht einer zweiten Coronavirus-Welle an der Wiederöffnung der Schulen im Regelbetrieb festhalten will. In sechs Wochen Schulferien wäre es es Aufgabe des Ministeriums gewesen, ein passendes Konzept für den Fall steigender Corona-Infektionszahlen zu entwickeln, welches nicht die Gesundheit der Lehrkräfte und Schüler*innen an den 5500 Schulen gefährdet.

Spätestens ab Mai hätten bereits notwendigen Strategie für ergänzenden digitalen Unterricht entwickelt werden müssen. Auch dringend benötigte Konzepte für Unterricht im Freien sowie verkürzte Schulstunden in Kleingruppen, die einen sicheren Unterricht ermöglichen würden, sind nicht entwickelt worden. Die Handreichung für die allgemeinbildenden Schulen des Schulministeriums, die darstellt, wie die Verknüpfung zwischen Präsenz- und Distanzunterricht lernförderlich gestaltet werden kann, kommt viel zu spät und ändert an der Maskenpflicht auch nichts.

Folgende Vorschläge hat DIE LINKE NRW ausgearbeitet und im geschäftsführenden Landesvorstand verabschiedet:

Räume und Personal

Es ist angesichts steigender Infektionszahlen grob fahrlässig, die ohnehin schon zu engen Klassenzimmer ohne Abstandsregeln mit meist rund 30 Schüler*innen zu füllen. Dass die dauernde Maskenpflicht für Schüler*innen ein großes Problem ist, haben Kinderärzte bereits konstatiert. Die Konzentration leidet, Müdigkeit stellt sich ein und da Kinder eine höhere Atemfrequenz haben als Erwachsene, ist für sie auch die Rückatmung eine starke Belastung. Ein pädagogisch sinnvoller Unterricht, bei dem gesprochen und aktiv mitgemacht wird, ist durch die eingeschränkte Kommunikation kaum möglich.

Die einzige Lösung besteht in kleineren Gruppen, verteilt auf mehr Räume. Hierzu muss das Land NRW den Rahmen für die Kommunen schaffen, damit auch andere Gebäude für den Unterricht mit Abstand genutzt werden können.
Neben Räumen muss dringend Personal, sowohl Lehrer*innen als auch Sozialpädagog*innen zur Verfügung gestellt werden.

Eine Studie der Technischen Universität München zeigt, dass die Lernbereitschaft der Schüler*innen beim Lernen im Freien – gerade bei naturwissenschaftlichen Fächern – höher ist. Auch hierfür bedarf es dringend pädagogischer Konzepte.

Studierende für ein Jahr an Schulen beschäftigen, Selbstständige einbeziehen

Zur Unterstützung der Schulen kann das Land Studierenden des Lehramts gegen angemessene Bezahlung und Befreiung vom Studium für zwei Semester für ein Schuljahr anwerben. Schulen mit bereits bestehendem Personalmangel und vielen sozial benachteiligten Schüler*innen sollten dabei vorrangig berücksichtigt werden. Auch für die sozialpädagogische Unterstützung können Studierende das Angebot der Arbeit an einer Schule für ein Jahr erhalten. Den Studierenden kann die Arbeitszeit an den Schulen als Praktika und Berufserfahrung angerechnet werden, den Lehrämtern zur Verkürzung des Referendariats.

Zusätzlich sollte geprüft werden, ob beispielsweise solo-selbstständige Künstler*innen, Architekt*innen oder Jugendbildner*innen, deren Auftragslage aufgrund der Pandemie miserabel ist, für praktischen Unterricht im Freien eingesetzt werden können. Durch die fachliche Expertise könnte so praxisbezogenes Lernen stattfinden, von dem beide Seiten profitieren und es würden sich neue Möglichkeiten der Gruppenteilung/-verkleinerung ergeben. Zurecht wird die „Realitätsferne“ des Schulcurriculums immer wieder kritisiert.

Lehrpläne und Noten

Bereits im vergangenen Schuljahr konnte der Stoff in den Schulen nicht nach Lehrplan vermittelt werden. Rund ein Drittel der Schüler*innen ist inhaltlich komplett abgehängt worden, weil der Fernunterricht nicht funktioniert hat oder die häuslichen Bedingungen die Teilnahme verhindert haben.

Auch das Schuljahr 2020/2021 wird kein normales Schuljahr sein. Das Land muss daher in Abstimmung mit den anderen Bundesländern die Lehrpläne dringend für die „Corona-Jahrgänge“ ausdünnen und die Schulen dabei unterstützen, dass die Schüler*innen nicht den Anschluss verlieren. Entweder der zu lernende Stoff wird reduziert oder die Schulzeit muss um ein Jahr verlängert werden. Beides sollte diskutiert und schnell auf den Weg gebracht werden.

Der Druck durch die Ziffernnoten muss unbedingt reduziert werden. Das gilt besonders dann, wenn wieder ganz oder teilweise Distanzunterricht eingeführt wird. Insbesondere in den unteren Jahrgängen ist es wichtig, die Familien zu unterstützen, den Eltern die Sorgen und den Kindern die Angst zu nehmen und sie zum Lernen einzuladen. So lange es kein pädagogisches Konzept für digitalen Unterricht gibt und die Lehrer*innen mehrheitlich noch nicht didaktisch fortgebildet sind, kann das Lernen auf Distanz auch nicht benotet werden.

Digitaler Unterricht

Die Räume in den Schulen reichen für umfassenden Kleingruppen-Unterricht mit Abstandswahrung nicht aus, Maskenpflicht im Unterricht ist kein geeigneter Weg. Die Infektionszahlen steigen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass Schulen auch wieder komplett geschlossen werden müssen.

Das Land NRW braucht sofort einen digitalen Plan B zur Beschulung auf Distanz. Dazu reicht es aber nicht, Schulen mit Internetleitungen oder Kinder mit kostenlosen Notebooks zu versorgen - auch wenn das ein guter Anfang ist und längst noch nicht überall Realität.
Digitaler Unterricht braucht pädagogische und didaktische Konzepte, technische und inhaltliche Lösungen für die Vermittlung von Unterrichtsstoff und die Beteiligung der Schüler*innen. Alle Lehrer*innen müssen hierzu auch im eigenen Homeoffice ausgestattet und technisch wie didaktisch fortgebildet werden. NRW braucht auch einen digitalen Lehrplan.

In anderen Ländern der Welt ist das bereits Wirklichkeit, in Deutschland befinden wir uns auf diesem Gebiet aber noch immer in der Steinzeit.

Schutz für gefährdete Lehrer*innen und Schüler*innen

Gesundheitlich gefährdete Lehrer*innen und Schüler*innen müssen weiterhin vom Präsenzunterricht befreit werden. Für die Lehrer*innen müssen sinnvolle Aufgaben zur Unterstützung ihrer Kolleg*innen aus dem Homeoffice organisiert werden. Die Schüler*innen müssen bestmöglich mit Angeboten zum Distanzunterricht unterstützt werden.

Unterstützung für Familien

Sobald es nur zu reduziertem Präsenzunterricht oder Schulschließungen kommt, benötigen nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern Unterstützung. Dazu gehört in erster Linie die bezahlte (Teil-) Freistellung vom Beruf, für die Betreuung und Begleitung des Homeschoolings von Kindern und Jugendlichen bis zur 10. Klasse.

Zusätzlich braucht es Angebote für Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf: Von Armut betroffene und sozial Benachteiligte, für Menschen mit Behinderungen, Familien, in denen Deutsch nicht die Muttersprache ist. Zur Begleitung und Unterstützung dieser Familien müssen Sozialarbeiter*innen über die Schulen und / oder Jugendämter eingesetzt werden. Insbesondere muss das Recht auf ein eigenes (Kinder-)Zimmer gesetzlich verankert und auch Familien im Sozialleistungsbezug Anspruch hierauf haben.

Themenbereich 1:

Die CO2 -Emissionen aus dem Verkehrssektor haben im Kreis Wesel den größten Anteil an den Gesamtemissionen. 2013 wurden 1,3 Mill. Tonnen CO2 aus dem Auspuff in die Luft geblasen. Nach Berechnungen von attac-Niederrhein hat sich seitdem der CO2-Ausstoß im Kreis Wesel um 10% erhöht.

Halten Sie die bisherigen kreisweiten Maßnahmen zur CO2 – Reduktion für ausreichend?

Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht erforderlich, um hier zu einer signifikanten Reduzierung des CO2-Ausstosses im Verkehrsbereich zu gelangen? Für welche Maßnahmen setzen Sie sich persönlich ein?

Im Kreistag hat sich DIE LINKE im vergangenen Jahr in zwei umfangreichen Anfragen nach dem Stand der Umsetzung des „Integrierten Klimaschutzkonzepts“ des Kreises Wesel inkl. der Maßnahmenzur Anpassung an den Klimawandel von Oktober 2015 informiert. Die traurige Erkenntnis war, dass zahlreiche Maßnahmen noch nicht einmal begonnen wurden, weil die Mehrheit aus CDU, Grünen und FDP weder eine Umsetzung des Klimaschutzkonzepts beschlossen noch finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hat.  Klimaschutzziele werden damit deutlich verfehlt werden. Auch infolge der anschließenden politischen Debatten wurden von der Mehrheit des Kreistages nur Maßnahmen mit geringfügigen Auswirkungen auf die CO2 -Emissionen beschlossen. Von daher sind die bisherigen Maßnahmen zur CO2 – Reduktion überhaupt nicht ausreichend.

Auch das vom Kreistag mehrheitlich, gegen die Stimmen der LINKEN, beschlossene „Mobilitätskonzept“ ist unzureichend und greift die Notwendigkeit einer massiven Reduzierung der CO2-Emissionen nicht wirklich auf. Meines Erachtens sind weitaus größere Anstrengungen (und damit auch finanzielle Mittel) zur Verschiebung des „Modal Split“ vom individualisierten Autoverkehr weg hin zum ÖPNV notwendig. Dass eine Mehrheit des Kreistages aus CDU, SPD, Grünen und FDP es für ausreichend hält, den ÖPNV-Anteil innerhalb der nächsten Jahre nur von 2 auf 3 Prozent zu steigern, ist schlichtweg ignorant gegenüber ökologischen und sozialen Interessen.

Für notwendig halte ich daher die Neuausarbeitung eines Mobilitätskonzept unter wirklicher Einbeziehung der einzelnen Kommunen des Kreises, eine bessere Kooperation mit Nachbarstädten und -kreisen sowie die Überführung des Busbetriebs aus der privat geführten NIAG in einen kreiseigenen Eigenbetrieb. Als Landrat möchte ich gemeinsam mit dem Kreistag und den Kommunen den Ausbau des ÖPNV unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten vorantreiben – und auch finanzielle Mittel einsetzen. Die Vorstellung, ein umfassendes ÖPNV-Angebot könne „eigenwirtschaftlich“ bereitgestellt werden, ist aberwitzig. Ich teile hier selbstverständlich auch die weiteren Forderungen, die DIE LINKE im Kreis Wesel aufgestellt hat („Radikale Verkehrswende – ein zentraler Hebel für ein ökologisches Umsteuern im Kreis)

Themenbereich 2:

Das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist im Kreis Wesel insbesondere an Wochenenden oder in der Woche nach 20 Uhr mehr als dürftig. Zu wenige Busse und zu lange Wartezeiten haben u.a. dazu geführt, dass der ÖPNV von den Bürgerinnen und Bürgern nur wenig genutzt wird.

Welche Maßnahmen wollen Sie im Falle Ihrer Wahl ergreifen, um das Angebot zu stärken und so den ÖPNV attraktiver zu machen?

Ein kreisweites Nachtbussystem an den Wochenenden muss ebenso eingeführt werden wie ein umfangreicheres Angebot gerade an den Wochenenden und nach 20 Uhr. Ich selbst bin auf den ÖPNV angewiesen und erlebe immer wieder, bestimmte Termine im Kreis Wesel gar nicht wahrnehmen zu können, weil es keine adäquate ÖPNV-Anbindung gibt. Nicht wenige Bürger*innen müssen, so beobachte ich es immer wieder, kulturelle, sportliche oder politische Veranstaltungen vor deren Ende verlassen, um noch mit dem ÖPNV nach Hause zu kommen. Ohne einen deutlichen Ausbau das Angebots werden Menschen nicht dazu bewegt werden können, vom Auto auf den ÖPNV umzusteigen.

Notwendig ist ein politisches Umdenken: ein starker ÖPNV ist ein wichtigerer Standortfaktor als ein weiterer Autobahnanschluss.

Themenbereich 3:

Die Preise für den ÖPNV sind für viele Bürgerinnen und Bürger zu hoch und stellen somit eines der größten Hindernisse für den Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel dar. Beispielsweise kostet eine einfache Fahrt von Wesel nach Duisburg 12,80 €. Zur Erinnerung: Mehr als 45% der Beschäftigten im Kreis Wesel arbeiten in Teilzeit oder Leiharbeit oder sind geringfügig beschäftigt (atypische Beschäftigung). Die Corona-Pandemie wird den Prozess der Verarmung breiter Bevölkerungsschichten aller Voraussicht nach beschleunigen.

Wie kann der ÖPNV im Kreis Wesel aus Ihrer Sicht preislich so attraktiv gestaltet werden, dass ein vermehrter Umstieg wahrscheinlich wird? Welche Initiativen wollen Sie im Falle Ihrer Wahl persönlich ergreifen?

Das derzeitige Tarifsystem des VRR ist zu teuer, unübersichtlich und ungerecht. Für zahlreiche Gruppen gibt es im Bereich der Monatskarten Rabatte, durch das Raster fallen oftmals prekär Beschäftigte und Soloselbstständige. Bei Einzelverbindungen rechnet es sich häufig, Theater- oder Stadiontickets zu erwerben, die eine Fahrtberechtigung für den VRR enthalten, weil dies preiswerter ist als der Kauf von VRR-Einzeltickets. Ein völlig absurdes System.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass der VRR seine Preise insgesamt senkt und die Tarifübergänge im Kreis Wesel insgesamt neu geprüft werden. Der ländliche Raum wird durch die derzeitige Angebots- und Tarifstruktur insgesamt benachteiligt, hiergegen müssen auch die Landrät*innen im gesamten VRR-Raum endlich gemeinsam angehen. Zudem werde ich mich dafür einsetzen, dass der ÖPNV perspektivisch durch Bund und Länder aus Steuergeldern finanziert wird.  

Themenbereich 4:

Mehr als 50.000 Menschen im Kreis Wesel müssen von Transferleistungen leben. Im VRR werden derzeit 38,65 € für ein Sozialticket verlangt. In den Regelsätzen für Hartz IV – Betroffene werden aber nur 28,39 € ausgewiesen. Weitere Armutsgruppen wie z.B. Geflüchtete haben noch weniger Geld zur Verfügung. Die Stadt Nürnberg hat vor kurzem beschlossen, für die sozial benachteiligten Menschen ein 15 € Ticket einzuführen.

Halten Sie den Preis für ein VRR-Sozialticket für gerecht? Wie könnte der Kreis Wesel sozialbenachteiligten Menschen bei der Mobilität unterstützen? Welche Maßnahmen wollen Sie im Falle Ihrer Wahl ergreifen, um Ticketpreise sozial gerecht zu gestalten?

Dass es überhaupt ein Sozialticket gibt, ist nur durch massiven Protest und politischen Druck zustande gekommen, an vielen entsprechenden Aktionen habe ich mitgewirkt. Allerdings ist es in der Tat vollkommen inakzeptabel, dass die Kosten für das Ticket höher sind als die im Regelsatz dafür vorgesehenen Mittel (die ja zudem auch für Fahrradkosten und einzelne Fernreisen dienen sollen) und das Ticket nicht im gesamten VVR-Raum gilt. Nicht vergessen darf man auch, dass CDU und FDP auf Landesebene selbst die derzeitige Lösung abschaffen wollten.

Ich halte ein VVR-weites Sozialticket für maximal 15 Euro im Monat für einen sinnvollen ersten Schritt hin zu einem steuerfinanzierten, fahrscheinlosen ÖPNV für Alle.

Themenbereich 5:

Wie lassen sich öffentliche und individuelle Mobilität den Klimaerfordernissen anpassen und wie gelingt es, Mobilität als Daseinsvorsorge zu begreifen und sie von Profitinteressen abzukoppeln? Das sind die Fragen, die den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Region auf den Nägeln brennen. Welche Antworten geben Sie, wenn Sie gewählt werden?

- Setzen Sie sich politisch für ein Stadtbussystem in unserer Region ein, um dem öffentlichen Verkehr Vorrang vor dem Individualverkehr einzuräumen?

- Steht auf Ihrer politischen Agenda die Umrüstung öffentlicher Verkehrsmitteln (weg von fossilen Antrieben) sowie eine bessere Taktung des Busverkehrs vor allem abends und nachts?

- Setzen Sie sich für ein 365,-€ Jahresticket ein, wie es etwa die Stadt Nürnberg eingeführt hat oder schlägt Ihr Herz gar für einen kostenlosen Personennahverkehr?

- Wie stellen Sie sich die zukünftige Infrastruktur für Radfahrer/innen vor? Setzen Sie sich z.B. für direkte kreuzungsfreie Radwege ein, die unsere Regionen verbinden und abseits der Hauptverkehrsader liegen?

- Setzen Sie sich für Tempo 30 als generelle Höchstgeschwindigkeit innerorts, Tempo 80 auf Landstraßen ein?

- Setzen Sie sich für die Unterstützung von Pendler- und Mitfahrbörsen im Kreis Wesel ein?

Die Entscheidung der Kreistagsmehrheit, eine private Mehrheitsbeteiligung an der NIAG zu ermöglichen und fortzuführen und auf eine „Eigenwirtschaftlichkeit“ des ÖPNV zu setzen, hat verheerende Folgen, weil damit nicht mehr entlang der Notwendigkeiten („Daseinsvorsorge“) sondern entlang wirtschaftlicher Kriterien über den Nahverkehr im Kreis Wesel entschieden wird. Von daher ist die Rekommunalisierung des NIAG-Busbetriebs und eine stärke Förderung des ÖPNV aus Steuergeldern unabdingbar.

Ein Stadtbussystem, bei dem das Liniennetz auch direkt von den einzelnen Kommunen des Kreises bestimmt werden kann, ist eine wichtige Forderung zur Erhöhung des ÖPNV-Anteils am Verkehrsgeschehen. Es erhöht die Teilhabemöglichkeiten für alle Menschen am gesellschaftlichen Leben und muss dringend in Angriff genommen werden. Dazu gehört aber auch, dass Land und Bund die Kommunen in NRW nicht weiter ausbluten lassen. Die Finanzbasis der Kommunen ist durch die verheerende Politik der Steuersenkungen bei Gutverdienenden und Unternehmen sowie durch die Übertragung von immer mehr Aufgaben auf die Kommunen (ohne finanzielle Kompensation) in den letzten beiden Jahrzehnten immer mehr zusammen gebrochen.

Eine bessere Taktung des Busverkehrs abends und am Wochenende sowie ein Nachtbussystem sind dringend erforderlich, eine Umrüstung der Busse auf nicht-fossile Antriebe ist deutlich zu beschleunigen.

Ich setze mich dafür ein, dass es einen fahrscheinlosen, aus Steuermitteln finanzierten ÖPNV gibt. Jahrestickets für 365 Euro stellen einen Schritt in diese richtige Richtung dar.   

Im Bereich des Radverkehrs benötigen wir einerseits einen Auf- und Ausbau der innerstädtischen, sicheren Radwege auch auf den Hauptverkehrsstraßen. Andernfalls droht ein Abdrängen des Radverkehrs in Nebenstraßen; damit verbunden wären längere Wege. Ein regionales Radverkehrsnetz kann hingegen - möglichst kreuzungsfrei - abseits der Hauptverkehrsstraßen entstehen und sichere und gleichzeitig schnelle Verbindungen ermöglichen. Für den Ausbau eines solche Netzes werde ich mich einsetzen.

Ich teile die Forderungen der LINKEN nach einem generellen Tempolimit von innerorts 30 km/h, 80 km/h auf Landstraßen und 120 km/h auf Autobahnen. Das erhöht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer*innen und ist längst überfällig.

Pendler- und Mitfahrbörsen sind dann zu befürworten, wenn sie nicht als Alternative zum Ausbau des ÖPNV dargestellt werden, wie es mit konservativen „Bürgerbus“-Konzepten zum Teil ja passiert. Es hätte aber natürlich sinnvolle ökologische Effekte, wenn Ein- und Auspendler*innen, die nicht auf den ÖPNV umsteigen können, Fahrgemeinschaften bilden. Für ein entsprechende Online-Portal des Kreises Wesel werde ich mich gerne einsetzen.

Entlastung der Region

1) Sieht Ihre Partei das Problem einer Überbelastung der Region Niederrhein durch den Kiesabbau und schwerwiegende Konflikte mit anderen Interessen?

Der Kiesabbau am Niederrhein ist über Jahrzehnte schleichend fortgeschritten. Die Menschen hier haben ihn lange Zeit nicht als Bedrohung empfunden. Mehr noch, sie haben ihn bisweilen sogar begrüßt. Es entstanden Seen, wie der Auesee in Wesel oder die Seen in Xanten – wahre Publikumsmagneten. Allerdings haben sich die Kiesbagger soweit ins Erdreich und in die Fläche hineingefressen, dass die negativen Folgen nicht mehr zu übersehen sind:

  • Seit Jahrzehnten wird infolge des Kieshungers wertvolle landwirtschaftliche Nutzfläche abgegraben. Das treibt die Bodenpreise in die Höhe und trägt zur Vernichtung bäuerlicher Existenzen bei. Das ist nicht zukunftsfähig.
  • Der Grundwasserkörper wird aufgebrochen - mit negativen Folgen. Die hohe sommerliche Verdunstung von Niederschlags- und Oberflächenwasser ist infolge der klimatischen Veränderung in den beiden letzten Jahren höher als bisher üblich ausgefallen. Das im Sommer sinkende oberflächennahe Grundwasser kann auch wegen der relativ trockenen Wintermonate (November bis März/April) nicht mehr aufgefüllt werden. Der Grundwasserspiegel sinkt. Dabei benötigen wir Grundwasser in hohem Maße für unser Trinkwasser.
  • Die Baggerseen verhindern nicht, wie versprochen, bei starken Regenfällen eine Überflutung der Landschaft. Im Gegenteil, sie behindern offenbar das Abfließen von Wasser aus den infolge des starken Regens überschwemmten Flächen, so dass diese Überschwemmungsgebiete länger überflutet bleiben als dies früher der Fall war.
  •  Die Ausbaggerung des Niederrheins hat jetzt schon das Bild Kulturlandschaft „Niederrhein“ entscheidend verändert. Wer am Niederrhein über Land fährt, kann die ausgekiesten Flächen nicht übersehen und kaum umgehen. Oft sind es Baggerlöcher, die sich uns als offene Wunden in unserer Landschaft darbieten.
  • Die Kieswirtschaft versucht den Menschen am Niederrhein die fortgesetzten Abgrabungen als „Wohltaten“ für die Freizeit der Menschen oder als „Baggern ist Bio“ zu verkaufen. Dabei kann man den Abgrabungen allenfalls einen äußerst eng begrenzten „Kollateral-Nutzen“ zusprechen, denn Zweck der Kiesindustrie ist es Kies zu fördern, ihn nach Korngrößen zu trennen und diesen mit Profit auf dem Markt zu verkaufen.
  • Alles andere ist sekundär und bringt nicht selten weitere Probleme mit sich, wie am Beispiel der Xantener Seen deutlich wird. In den Sommermonaten ziehen sie täglich tausende Menschen an, die, weil es nicht anders möglich ist, mit ihren Autos für eine Blechlawine sorgen. Obwohl die Zahl der Besucher groß ist, trägt sich diese Freizeitangebot nicht selbst. Stadt und Kreis müssen jährlich Hundertausende Euro in das Projekt stecken, um es zu erhalten. Dort, wo es gelingt, eine biologisch interessante Sennlandschaft zu schaffen, wächst der Druck, dieses Gebiet, weil es ja so schön ist, auch kommerziell zu nutzen.

DIE LINKE im Kreis Wesel hat aus diesen Gründen den Niederrheinappell unterschrieben.

2) Wie wollen Sie der Gefahr einer einseitigen naturräumlichen Überbelastung entgegenwirken?

In der Landespolitik gilt die weitere Förderung von oberflächennahem Sand und Kies am Niederrhein als unabdingbar, da hier nun einmal diese Rohstoffe geologisch bedingt lagern und die Siedlungsdichte nicht sehr hoch ist. Der weitere Kiesabbau ist für sie quasi ein Naturgesetz, weil gebaut werden muss. Obwohl die Politiker dort wissen, dass jede natürliche Ressource begrenzt ist, handeln sie nicht danach. Vielmehr räumen sie der Kieswirtschaft die Möglichkeit ein, weitere Jahrzehnte Kies zu fördern, weitere Seen zu schaffen, weitere Flächen zu verbrauchen und die Kulturlandschaft unwiederbringlich zu zerstören.

Das Problem einer naturräumlichen Überlastung ist eine reale Gefahr. Sie ist aber nicht durch technische Tricks zu lösen oder durch eine „gerechte“ Verteilung der Abgrabungen. Dadurch wird nicht eine Tonne Kies weniger abgegraben. Die Gefahr ist allein politisch zu beseitigen: Die Menschen am Niederrhein, ob Beamte, Angestellte oder Arbeiter, müssen der Regierung und der Kieswirtschaft durch ihren Protest deutlich machen, dass sie sich in einer Sackgasse befindet.  Anders ausgedrückt: Die Menschen müssen durch ihren Protest für die Regierenden einen solchen Druck aufbauen, dass Veränderungen möglich werden. Daran, diesen Druck aufzubauen, wirkt DIE LINKE gerne mit.  

Wie können die Flächenausdehnungen begrenzt werden?

Sicherlich können die genehmigten Lagerstätten intensiver genutzt werden. Man kann u.a. mehr in die Tiefe gehen. Das alles ist jedoch begrenzt, da diese Maßnahmen nicht den Druck aufheben, der von der Nachfrage nach diesem Rohstoff ausgeht, zumal dieser Rohstoff bereits heute zumindest international immer knapper wird. Der Bauboom oder muss man sagen, Bauwahnsinn, hält an: Unentwegt werden neue Straßen, Bürohochhäuser, Gewerbegebiete usw. geplant und gebaut. Alte Gebäude, soweit sie nicht unter Denkmalschutz stehen, haben keinen Wert. Sie werden abgerissen. An ihre Stelle werden neue Gebäude errichtet, die profitabler vermietet, verpachtet oder verkauft werden können.

Wer nicht will, dass weitere Flächen der Kieswirtschaft zum Opfer fallen, der muss sich dafür einsetzen, dass sich unsere Lebensweise ändert, der muss wollen, dass die Politik eine Schranke setzt, um den Kiesabbau zu stoppen. Das will DIE LINKE, die eben auch für eine andere Baupolitik und einen anderen Umgang mit Grund und Boden eintritt.

3) Halten Sie daher eine planmäßige jährliche Reduzierung der Kiesabbau-Mengen (z.B. 5 %) für notwendig?

Die planmäßige Reduzierung der jährlichen Kiesabbau-Menge wäre ein erster Schritt, dem weiteren Kiesabbau eine Schranke zu setzen. Das würde auch dazu beitragen, die weitere Flächenausdehnung der Abgrabungsgebiete zu begrenzen. Darum unterstützt DIE LINKE eine solche Maßnahme. Um sie durchzusetzen bedarf es aber eines entsprechenden politischen Drucks der Öffentlichkeit, d. h. seitens der Bürgerinnen und Bürger.

4) Wollen Sie sich gegen die in der Landesplanung festgeschriebene Verlängerung der Versorgungszeiträume auf von 20 auf 25 Jahre einsetzen?

DIE LINKE hat sich bereits 2018 und 2019, als die Diskussionen um den neuen Regionalplan begannen, für die Beibehaltung des Versorgungszeitraums eingesetzt.
Jede Verlängerung, ob auf 25 Jahre oder sogar darüber hinaus, gibt die Steuerung des Kiesabbaus aus der Hand und schafft für die Kiesindustrie die Möglichkeit, weiteren Raubbau an dieser Ressource und an der Kulturlandschaft Niederrhein zu betreiben. Denn die geplante Verlängerung bedeutet für die Zukunft, den weiteren Ausbau von künftigen Kiesausbeutungsflächen und damit einen weiteren, ausgedehnteren Flächenverbrauch. Mehr noch: Wird der Versorgungszeitraum im Laufe der Zeit deutlich unterschritten, müssen neue Flächen ausgewiesen und erschlossen werden. DIE LINKE lehnt das ab.

5) An welchen Zahlen soll sich die Bedarfsermittlung orientieren und wie wollen Sie sicherstellen, dass diese Zahlen aus neutraler Hand zur Verfügung stehen?

Den Bedarf an zu fördernden Kies zu ermitteln, ist eine komplizierte Rechnung.
Bei solchen Berechnungen müsste man entweder von den Mengen ausgehen, die in der Vergangenheit abgegraben und abgesetzt wurden und diese fortschrieben oder Prognosen zum zukünftigen Bedarf erstellen.  Je weiter man in die Zukunft hineingeht, desto größer wird dabei das Spektrum der Unsicherheiten. Zudem wäre ein „weiter so“ genau das, was wir und viele Menschen im Kreis Wesel nicht wollen, denn dies würde bedeuten, die Abgrabungsflächen weiter anwachsen zu lassen. Vielmehr unterstützen wir die Forderung, den Abbau von Kies zumindest um jährlich 5 Prozent zu reduzieren. Folge wäre, dass in ca. 20 Jahren nahezu kein Kies mehr abgebaut werden würde. Bis dahin müssten gerade für den Baubereich Alternativen entwickelt werden. 20 Jahre müssten dazu allerdings ausreichen.

6) Halten Sie die Einbeziehung des Exports in die Mengenermittlung für richtig?

Bezöge die Landesregierung bzw. die Landesplanung die Menge des exportierten Kieses nicht in ihre Fortschreibung ein, so würde das die über den Planungshorizont zu fördernde Kiesmenge entschieden senken. Das bedeutet jedoch nicht, dass kein Kies mehr exportiert werden würde. Sehr wahrscheinlich würden weiterhin externe Märkte bedient. Bei einer erneut erfolgenden Anpassung der potentiellen Auskiesungsflächen an den Versorgungshorizont müsste die Mengenermittlung erneut den Export herausrechnen. Die ermittelte Menge würde erneut niedriger ausfallen.
Die Forderung nach einer Nicht-Berücksichtigung von Exportmengen erscheint sehr radikal. Doch es gilt zu bedenken, dass die Bundesrepublik zum wirtschaftlich größten Freihandelsabkommen, der EU, gehört und schon daher eine Realisierung dieser Forderung so einfach nicht möglich ist.
Zudem ist die Bundesrepublik zwar führendes Exportland, selbst aber auf Rohstoff- und Lebensmittelimporte aus verschiedenen Regionen der Welt angewiesen. Die Gewinnung dieser Rohstoffe hinterlässt in diesen Ländern ebensolche offene Wunden wie der Kiesabbau bei uns, so auch beim Import von Mandeln, Avocados oder Tomaten. Der Anbau in Spanien hat dort zum Beispiel zu einer Überbelastung der Wasserreserven und zu einer Austrocknung des Bodens geführt.

Wir benötigen daher eine grundlegend andere Wirtschaftsordnung, die regionale Wirtschaftskreisläufe fördert, grundsätzlich auf die Zerstörung von Lebens- und Kulturräumen verzichtet, gerechte Produktionsbedingungen gewährleistet und auch in Kauf nimmt, dass eben nicht alles immer zur Verfügung steht. In diesem Sinne – und nicht nach dem St.-Florians-Prinzip - kann auch für eine Exportbegrenzung für Kies geworben werden.

DIE LINKE sieht allerdings derzeit in einer Verkürzung des Versorgungszeitraums und einer jährlichen prozentualen Reduzierung der zu fördernden Menge bei gleichzeitiger intensiver Fortentwicklung bereits bestehender Alternativen zum Kieseinsatz einen erfolgversprechenderen Weg als in der Export-Debatte.

7) Wie stehen Sie zur Einführung einer Kies-Abgabe? Welche Gründe sind für Sie ausschlaggebend?

DIE LINKE hat sich in allen ihren bisherigen Stellungnahmen zum Kiesabbau für eine Kiesabgabe ausgesprochen. Sie geht dabei davon aus, dass nicht nur der Boden, aus dem Kies herausgeholt wird und die Förderung des Kieses einen Preis haben muss, sondern auch der Kies selbst. Zumal die langfristigen Folgen des Kiesabbaus im Bodenpreis nicht enthalten sind. Der Kies wird als Gratisgabe der Natur betrachtet. Eine Kiesabgabe würde deutlich machen, dass dem nicht so ist.

a) Wie stellen Sie sicher, dass ein finanzieller Ausgleich für Folgenutzungen erfolgt?

Die entstehenden Seen als Folgen der Abgrabungen generieren weitere Kosten. Selbst dort, wo sie kommerziell genutzt werden, stehen der Kreis und die Kommunen in der Pflicht, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und zu erhalten. Wo keine kommerzielle Nutzung vorliegt, fallen stetig umfangreiche Pflegekosten an. Eine Kiesabgabe, die diese Ewigkeitskosten berücksichtigt, kann für einen solchen finanziellen Ausgleich genutzt werden.

b) Welchen Einfluss auf den Preismechanismus schlagen Sie vor, um alternative Verfahren gegenüber dem Einsatz von Primärrohstoffen wie Kies und Sand für die Wirtschaft und Behörden interessanter zu machen?

Über eine dringend notwendige Kiesabgabe wird es bereits zu einer Verteuerung des Rohstoffs Kies kommen.

Unseres Erachtens muss es darüber hinaus (wie beim EEG) eine gezielte staatliche Förderung für die Entwicklung und für den Einsatz alternativer Baustoffe geben, um einen entsprechenden Anreiz zum Einsatz alternativer Baustoffe zu schaffen.

Skeptisch stehen wir allen Versuchen mit dem Emissionshandel ähnlichen Modellen Lenkungseffekte herbeizuführen. Die Gefahr spekulativer Geschäfte, die letztlich den Kiesverbrauch nicht reduzieren, aber die Profite der Kiesindustrie sichern und vergrößern, ist hier zu groß. 

c) Welche Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung alternativer Baustoffe gehen Sie an?

Es müssen gesetzliche Grundlagen zur Verwendung alternativer Baustoffe auf Bundesebene geschaffen werden; verbunden damit muss ein Fonds Es muss ein Fond geschaffen werden, der demokratisch kontrolliert und ohne Unternehmenseinfluss, die Förderung und Erforschung solcher Baustoffe ermöglicht. Die Verwendung alternativer Baustoffe muss finanziell unterstützt werden.

8) Bisher wurden auf das jeweilige Abgrabungsgebiet begrenzte hydrogeologische Untersuchungen durchgeführt. Unterstützen Sie demgegenüber hydrogeologische Gutachten für größere Bereiche auch kreisübergreifend zur Klärung des komplexen Wasserhaushaltes am Niederrhein vor dem Hintergrund zunehmender Eingriffe durch den Kiesabbau und drohender Hochwassersituationen bei Starkregen?

DIE LINKE ist der Auffassung, dass eine lediglich auf das jeweilige Abgrabungsgebiet begrenzte hydrologische Untersuchung völlig unzureichend ist. Es muss darum gehen, das Grundwasser am Niederrhein in einem Gesamtzusammenhang zu untersuchen. Es geht nicht allein darum, die Grundwasserleiter zu erforschen, sondern auch die Anreicherung und Speicherung von Grundwasser.

Zudem steigt der Wasserbedarf deutlich an. In den 1930er Jahren betrug der durchschnittliche Wasserverbrauch in Deutschland noch 30 Liter pro Tag. Heute sind es mehr als 300 Liter pro Tag und im Ruhrgebiet in Spitzenzeiten sogar 500 bis 650 Liter pro Tag, alles jeweils  pro Kopf. Die Dürre der letzten beiden Jahre hat den Wasserbedarf noch steigen lassen, gleichzeitig steht weniger Wasser zur Verfügung. Wir dürfen auch vor diesem Hintergrund nicht leichtfertig mit unserem Grundwasser umgehen. Deshalb ist eine umfassende und unabhängige Erforschung des Grundwassers am Niederrhein notwendig. Diese Erforschung darf nicht den Kiesunternehmen mit ihren wirtschaftlichen Interessen in die Hand gelegt werden. 

Besonders schützenswerte Zonen (Tabuzonen)

9) Unterstützen Sie Tabuzonen als Ziel der Landespolitik in folgenden Fällen:

a) Wassereinzugs- und -reservegebiete?

DIE LINKE ist der Meinung, dass Wasserschutzgebiete nicht zu Abgrabungsgebieten werden dürfen. Wenn das bisher der Fall war, dann war das ein Fehler, der nicht wiederholt werden darf.

b) Beziehen Sie dabei ausdrücklich Wasserschutzgebiete III B mit ein?

Ja. Wir benötigen aufgrund des Klimawandels ein völlig neues Wassermanagement. Das muss auch diese Gebiete berücksichtigen. Das Gindericher Feld und angrenzende Bereiche ist eine solche Tabuzone.

c) Gebiete zum Schutz von Natur und Landschaft, FFH- und EU-Vogelschutzgebiete?

Vogelschutzgebiete und andere Gebiete zum Schutz von Natur- und Landschaft müssen wirklichen Tabugebieten werden. Tatsächlich hat sich die Lage solcher Gebiete ständig verschlechtert. Es geht darum, sie zu erhalten und verbessern.

d) Ackerflächen mit einer natürlichen Bodengüte von mehr als 80 Punkten?

Zwischen wertvollem Ackerland und Kiesablagerung besteht ein enger geologischer, naturhistorischer Zusammenhang. Jede Abgrabung zerstört wertvolles Ackerland auf Dauer. Im Gegensatz zu Überdüngung sind die Folgen des Kiesabbaus nahezu irreversibel.

Die international bedeutsame wirtschaftliche Stellung der Bundesrepublik, sie erzielte allein 2019 die Bundesrepublik einen Überschuss in der Kapitalbilanz von 263 Milliarden Euro und eine Exportquote von rund 46 Prozent, führt dazu, dass wir nahezu problemlos alles, auch landwirtschaftliche Produkte, billig importieren können. Dies führt dazu, dass wir es uns erlauben, mit der eigenen Ackerfläche großzügig umzugehen. Wir graben sie ab oder verbauen sie. Eine solche Politik ist aber nicht nachhaltig. Vielmehr ist sie Förderung der regionalen Versorgung mit Nahrungsmitteln notwendig und die Umwandlung bzw. Vernichtung von Ackerflächen muss verhindert werden. 

e) kulturhistorisch wertvolle Landschaften?

Die landschaftlichen Veränderungen durch den Kiesabbau haben zwar, wie zuvor bereits beschrieben, durchaus attraktive Seen im Kreisgebiet geschaffen, allerdings mit den begleitenden negativen Folgen. DIE LINKE hält es für notwendig, weitere Eingriffe in die kulturhistorisch wertvollen Landschaften am Niederrhein zu vermeiden und daher keine neuen Abgrabungsgebiete auszuweisen.

Risiko minimierende Maßnahmen und Wiederherstellung

10) Wie stellen Sie sich beim Verlust landwirtschaftlicher Flächen die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ohne eine Steigerung der Importe vor, die mit zusätzlichen Umweltbelastungen und zusätzlichen Abhängigkeiten verbunden wären?

DIE LINKE setzt sich für die Stärkung regionaler und nachhaltiger Wirtschaftskreisläufe ein und lehnt die Umwidmung landwirtschaftlicher Flächen grundsätzlich ab. Die regionale Landwirtschaft muss vielmehr gestärkt werden, da die derzeitige Importpolitik bei Nahrungsmitteln schon jetzt weltweit massive negative Auswirkungen in zahlreichen Anbaugebieten hat. 

11) Wie wollen Sie die Standards einer qualitätsvollen nachhaltigen Wiederherstellung/ Rekultivierung sicherstellen und wer soll sie bezahlen und kontrollieren?

Mit einer Kiesabgabe müssen neben den Ewigkeitskosten auch die Mittel erwirtschaftet werden, die zur Rekultivierung notwendig sind. Die Rekultivierungsmaßnahmen selbst dürfen nicht in die Hand der Kiesunternehmen gelegt werden, sondern müssen von den politischen Gremien unter größtmöglicher Bürger*innenbeteiligung entwickelt werden.

Alternativen zum Kiesabbau

12) Welche Alternativen bei der Substitution der Primärrohstoffe und Änderung der Bauverfahren werden Sie fördern, um eine Reduzierung der benötigten Kies- und Sandmengen zu erreichen?

Auf Initiative von DIE LINKE hat der Kreis Wesel bereits eine Konferenz zu alternativen Baustoffen durchgeführt. DIE LINKE tritt zudem für eine Reduzierung bei der Ausweisung neuer Baugebiete im Kreis Wesel ein. Ausgeschöpft müssen die baurechtlichen Möglichkeiten für eine ökologisch Baupolitik. Dazu gehört der Einsatz von Recylingmaterialien ebenso wie die Durchsetzung klimaneutralen Bauens.

13) Unterstützen Sie den bevorzugten Einsatz von Recyclingmaterial? Wie wollen Sie im öffentlichen Bereich eine Erhöhung dieses Einsatzes fördern?

DIE LINKE tritt dafür ein, dass der Kreis Wesel und seine Kommunen eine Vorreiterrolle beim Einsatz alternativer Baustoffe und Recyclingmaterialien bei öffentlichen Neubauten einnehmen.  Hierzu gehört auch, dass geprüft werden muss, wie die Abfallgesellschaft des Kreises Wesel selbst zu einer Recyclingstelle wird und diesen Geschäftsbereich auf- und ausbaut.  

14) Welche Ansätze verfolgen Sie, um die Genehmigungsverfahren im Bereich Baustoffrecycling zu vereinfachen und zu beschleunigen?

Immissionsschutzrechtlichen Regelungen zur Begrenzung der Belastung der Bevölkerung durch Immissionen auch durch baustoffrecycelnde Betriebe hält DIE LINKE ebenso für sinnvoll wie die bestehenden Vorschriften im Baurecht. Es muss gewährleistet werden, dass recycelte Baustoffe nicht belastet und umweltverträglich sind. Beschleunigt werden muss die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.

1. Welchen Stellenwert hat aus ihrer Sicht eine aktive Antidiskriminierungs- und Gleichstellungspolitik der Kommune? Welche Bestandteile sind aus Ihrer Sicht zentral?

DIE LINKE im Kreis Wesel hat im Februar 2020 die Prüfung einer Antidiskriminierungsstelle beim Kreis Wesel gefordert. Als Bestandteile einer Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsarbeit sind für DIE LINKE dabei die Individuelle Einzelfallhilfe und Rechtsberatung für von Diskriminierung betroffene Menschen, die Beratung und Weitervermittlung von Einzelpersonen und Organisationen/Vereinen,  Sensibilisierungsworkshops und Informationsveranstaltungen, auch zu den Themen Rassismus und Diskriminierung und der Umgang damit, die Sensibilisierung verschiedener Bevölkerungsgruppen für gesellschaftliche Vielfalt, Fachkräftefortbildungen, Bereitstellung von Informationen und Informationsmaterialien für Fachkräfte, Betroffene und Engagierte, die Entwicklung von praxisrelevanten Publikationen, die Erforschung von Diskriminierungsfeldern sowie die Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit relevant.

Eine aktive Antidiskriminierungs- und Gleichstellungspolitik muss Querschnittsaufgabe in Kommunen sein; sie hat für uns einen hohen Stellenwert. Sie muss eng verknüpft werden mit einem Handlungskonzept gegen Rassismus, Antisemitismus und Faschismus, das DIE LINKE bereits im Oktober 2019 für den Kreis Wesel eingefordert hat.

Begleitet werden muss eine solche Politik in den Kommunen durch ein Antidiskriminierungsgesetz auf Landesebene, wie es im Bundesland Berlin vor kurzem beschlossen wurde. 

2. Welche Ideen haben Sie, Sichtbarkeit und Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt ihrer der Kommune zu fördern?

Kommunalpolitisch hält DIE LINKE neben symbolischen Aktionen der Kommunen selbst (Hissen von Regenbogenflaggen an öffentlichen Gebäuden zum 28.06.) auch inhaltliche Veranstaltungen, zum Beispiel zum IDAHOBIT am 17.05., für notwendig. Volkshochschulen, Bildungsträger und Kultureinrichtungen sind gefordert, queere Themen und Lebenswelten nicht nur zu berücksichtigen, sondern sie zum integralen Bestandteil ihrer Arbeit zu machen.

Entscheidend ist aber, die Selbstorganisation queerer Menschen zu unterstützen, und zwar in allen Alters- und Bevölkerungsgruppen (durch Bereitstellung von Räumen, Förderung von Gruppen und Vereinen usw.). Gerade in Gemeinden und kleineren Städten ist es notwendig, entsprechende Schutz- und Freiräume zu entwickeln und zu etablieren.

DIE LINKE selbst gibt regelmäßig in hoher Auflage einen „Sozialkompass“ für den Kreis Wesel heraus, in dem selbstverständlich auch auf vorhandene queere Angebote und Strukturen im Kreisgebiet verweisen wird und in dem die entsprechenden Angebote vorgestellt werden.

3. Werden Sie sich dafür einsetzen, Jugend-, Beratungs- und Unterstützungsprojekte für LSBT*I durch kommunale Förderung abzusichern bzw. sogar bedarfsgerecht auszuweiten?

DIE LINKE tritt seit langem für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen ein. In diesem Zusammenhang fordert DIE LINKE auch, queere Kultur,- Jugend- Bildungs-, Alten- und Sozialarbeit als Pflichtaufgabe der Kommunen festzuschreiben. Derzeit handelt es sich immer um “freiwillige Leistungen“, die oft und schnell den jeweiligen „Sparmaßnahmen“ geopfert werden können und in Kommunen, die dem von SPD und Grünen eingeführten „Stärkungspakt“ unterliegen, quasi verboten sind.

Besondere Handlungsbedarfe sieht DIE LINKE in den Bereichen der Schulaufklärung (Etablierung und Förderung einer SchLAu-Gruppe im Kreis Wesel), der Stärkung der offenen queeren Jugendarbeit und in der Entwicklung und Umsetzung einer kultursensiblen Altenpflege für LSBT*I.

Entschieden haben wir in den vergangenen Jahren gegen die massive Kürzungspolitik von CDU/Grünen/FDP im Kreis Wesel angekämpft. Wir bedauern, dass die Beratungsstelle der AIDS-Hilfe im Kreis Wesel aufgrund dieser Kürzungspolitik geschlossen werden musste und setzen uns dafür ein, die Mittel für die Aids-Hilfe wieder so zu erhöhen, dass das Betreiben einer Beratungsstelle im Kreis Wesel möglich ist. 

4. Unterstützen Sie die Verwendung geschlechtersensibler Sprache, die mehr als zwei Geschlechter berücksichtigt, im städtischen Kontext und werden dies vorantreiben?

Ja. DIE LINKE tritt für ein gendergerechte Sprache ein, verwendet diese selbst und beobachtet mit Interesse das Lübecker Modell als Vorbild für kommunale Lösungen. DIE LINKE wird noch in diesem Jahr eine entsprechende Initiative in den Kreistag einbringen. 

5. Gibt es Bestrebungen ihrerseits die Gleichstellungsstelle um eine_n städtische_n Beauftragte_n/Ansprechpartner_in/Koordinator_in für LSBT*I zu ergänzen?

DIE LINKE tritt dafür ein, dass die kommunalen Gleichstellungsausschüsse sich auch offensiv mit den Belangen von LGBT*I beschäftigen und dass in der Verwaltung entsprechende entsprechende Ansprechpartner*innen zur Verfügung stehen. Diese können unseres Erachtens entweder den jeweiligen Bürgermeister*innenbüros oder den Gleichstellungsstellen zugeordnet werden.

6. Unterstützen sie die Idee einer systematischen und ämterübergreifenden Sensibilisierung bzw. Fortbildung von städtischen Mitarbeitenden in Bezug auf Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt?

Eine verbindliche Fort- und Weiterbildung ist nach Auffassung der LNKEN deshalb notwendig, weil auch in öffentlichen Verwaltungen nach wie vor eine heteronormative Denk- und Sichtweise vorherrscht, die immer wieder zu Diskriminierungen führen kann. Es gibt insbesondere immer wieder Berichte von Trans*personen, die schildern, dass sie auf Unverständnis bei Verwaltungsangelegenheiten stoßen. Wichtig ist, möglichst alle Mitarbeiter*innen der jeweiligen Verwaltung zu schulen.

7. Werden Sie die Themen sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Kindertagesbetreuung (insbesondere Belange von Regenbogenfamilien bzw. von Trans* und Inter*-kindern) sowie der Altenpflege berücksichtigen und vorantreiben?

Kindertagesstätten sind in ihren Budgets so auszustatten, dass aktuelle Materialien (Bilderbücher, Spiele, pädagogische Materialien), die die Vielfalt von Lebensweisen, von geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung darstellen, auch angeschafft werden können. Für Fort- und Weiterbildungen muss ein Personalschlüssel gelten, der die Teilnahme der Mitarbeiter*innen auch ermöglicht. Entwickelt muss zudem eine gute Arbeit mit den Erziehungsberechtigten, denn während für Kinder die Akzeptanz von Vielfalt erst einmal eine Selbstverständlichkeit ist, müssen bei Erwachsenen oftmals Vorurteile abgebaut werden.

Eine kultursensible Altenpflege auch für den Bereich LGBT*I ist notwendig und muss schon in der Ausbildung vermittelt werden. DIE LINKE greift hier Ihre Frage auf und wird mittels einer Anfrage klären, wie in der Ausbildung an der kreiseigenen „Berufsfachschule für Pflege und Gesundheit“ der Themenbereich im Unterricht behandelt wird.

Im gesamten Kreis Wesel gibt es bislang zudem keine Einrichtung, die das „Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt“ erlangt hat. DIE LINKE hält es für notwendig, dass in den nächsten Jahren mehrere Einrichtungen im Kreis sich um dieses Siegel bemühen und eine entsprechende Ausrichtung anstreben.

8. Zuletzt: Welche Möglichkeiten sehen Sie bzw. welche Vorstellungen haben Sie für einen regelmäßigen Austausch zwischen Ihnen und Vertreter*innen der LSBT*I Communities?

DIE LINKE ist an einem regelmäßigen Austausch sehr interessiert und schlägt ein mindestens jährliches offenes Treffen vor, auf dem es einen inhaltlichen Austausch und die Verabredung von Initiativen geben kann.  Die großzügigen Räume des Kreisverbandes DIE LINKE stehen queeren Initiativen auch gerne kostenlos für Veranstaltungen, treffen, Filmabende zur Verfügung. Auch das Aushängen/Auslegen von Infomaterial und Plakaten in unserem Schaufenster ist gern gesehen. Geren ergreift DIE LINKE auch die Initiative zur Gründung eines beim Kreistag angesiedelten runden Tisches zu LGBT*I-Fragen. Hier war uns bislang unklar, ob diese von der Community gewünscht ist.